Was bedeuten Trumps Zölle für Deutschland und die Welt? Von dpa-Reportern

04.03.2025 14:30

Der US-Präsident setzt seine Zolldrohungen um, doch der Rest der Welt
ist dem nicht hilflos ausgeliefert.

München/Köln/Berlin (dpa) - Zunächst hatte Donald Trump die Zölle
gegen Mexiko und Kanada noch ausgesetzt, jetzt treten sie in Kraft.
Was bedeutet das für die betroffenen Länder und Deutschland, und was
könnte als Nächstes folgen? 

Welche Zölle sind verhängt worden?

Seit Dienstag gelten für Exporte aus Kanada und Mexiko in die USA
Strafabgaben von 25 Prozent. Dies berichten US-Medien, eine
Bestätigung der Regierung steht noch aus. Zudem hat Trump
angekündigt, ab Dienstag die im Februar angeordneten Importzölle auf
Waren aus China auf 20 Prozent zu verdoppeln. 

Kanada hat seinerseits umgehend Zölle in Höhe von 25 Prozent auf
US-Waren im Wert von 30 Milliarden angekündigt. Nach 21 Tagen werde
dieser Betrag auf insgesamt 155 Milliarden Dollar erhöht. China
kündigte Gegenzölle auf Agrarprodukte und weitere Maßnahmen gegen
US-Firmen an. Ab dem 10. März sollen zusätzliche Zölle in Höhe von
15
Prozent auf Hühnerfleisch, Weizen, Mais und Baumwolle aus den USA
erhoben werden, auf andere landwirtschaftliche Produkte wie
Sojabohnen, Schweine- und Rindfleisch zehn Prozent. 

Was bedeutet das für Deutschland?

Zunächst treffen die verhängten Zölle Deutschland nur indirekt: Die
Ökonomin Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Köln hält auf Basis von Modellrechnungen bereits bei den aktuell
verhängten Auflagen eine weltweit um 0,4 Prozent abgesenkte
Wirtschaftsleistung für möglich. Das handelsoffene Deutschland müsse

daher bereits im Jahr 2026 mit einem um 0,4 Prozent geringeren
Bruttoinlandsprodukt rechnen. Die angekündigten Stahl- und
Aluminiumzölle sowie weitere, bereits von Trump angedrohte Zahlungen
könnten die hiesige Industrie noch härter treffen. 

Für die deutsche Automobilindustrie sind die höheren Zölle auf
Importe aus Mexiko besonders schädlich, da sie vielfach
Produktionsstandorte in Mexiko hat, sagt Sultan. «Autos und Autoteile
überqueren teils mehrfach die Grenzen, bevor sie fertiggestellt sind.
Diese Lieferketten stehen durch die Zollerhöhungen infrage.» Dieses
Problem sieht man auch beim Münchner Ifo-Institut. Allerdings nennt
man dort auch einen potenziell positiven Effekt: Deutsche Unternehmen
könnten davon profitieren, wenn sich Nachfrage zu ihnen hin
verschiebt, weil die Konkurrenz aus Kanada, Mexiko und China in den
USA durch die Zölle teurer wird. Das gilt aber natürlich nur, solange
es nicht auch zusätzliche Zölle auf europäische Waren gibt. 

Der Verband der Automobilindustrie VDA klagt über Trumps Pläne und
sieht eine erhebliche Belastung und negative Folgen für die
Verbraucher - insbesondere in Nordamerika. Für Deutschland und Europa
sieht der VDA dagegen Auswirkungen auf die hiesigen Arbeitsplätze,
wenn Unternehmen die Märkte wegen Protektionismus und zunehmenden
geopolitischen Spannungen immer lokaler bedienen müssten. 

Was bedeuten die Zölle für die USA selbst?

Dorothee Hillrichs vom Ifo-Institut geht davon aus, dass die Zölle
die Inflation in den USA treiben, unter anderem weil Zwischenprodukte
für amerikanische Hersteller teurer werden. Außerdem könnten gerade
Lebensmittelpreise steigen, was vor allem ärmere Haushalte treffen
würde. Modellrechnungen des Ifo zu Zöllen gehen zwar davon aus, dass
Export und Industrie in Kanada und Mexiko stärker getroffen werden
als in den USA, auch diese bleiben aber nicht verschont. 

Die IW-Expertin Sultan erwartet, dass Trump vermehrt Produktion in
die Staaten zurückholen will. In diesem Fall führe aus seiner Sicht
kein Weg an höheren Zöllen vorbei. «Dass er dabei der
US-amerikanischen Wirtschaft selbst erheblichen Schaden zufügen
dürfte, scheint zweitrangig.» Eine Rückverlagerung von Produktion in

die USA würde wegen der höheren Produktionskosten dort unweigerlich
die Inflation treiben. Die Produkte würden für die Konsumenten
teurer. Außerdem sind die USA auf Rohstoffimporte angewiesen. 

Wie reagieren die betroffenen Staaten?

Neben den bereits beschriebenen Zollschritten haben Kanada und China
Maßnahmen jenseits von Zöllen angekündigt. Bei Kanada könnte es dab
ei
um Einschränkungen oder den Stopp von Öl-Exporten in die USA gehen.
China kündigte mögliche Einschränkungen für US-Unternehmen an.
Auch die EU-Kommission hat sich eingeschaltet, kritisiert die nun
verhängten Zölle und ruft die USA auf, diese zu überdenken. Sie
bedrohten stark integrierte Lieferketten, Investitionen und die
wirtschaftliche Stabilität auf beiden Seiten des Atlantiks.

Welche Möglichkeiten hätte die EU im Falle von Zöllen?

Auch gegenüber Europa hat Trump immer wieder mit hohen Zöllen
gedroht. Sollten sie kommen, hat die EU bereits zügige Gegenmaßnahmen
angekündigt. In der ersten Amtszeit Trumps hatte die EU neue Abgaben
auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus Europa unter anderem mit
Sonderzöllen auf Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und
Jeans gekontert. Wie stark die EU diesmal reagiert, wird von der
konkreten Zollentscheidung Trumps abhängen.

Die Beispiele Kanada und Mexiko zeigen nach Einschätzung Sultans,
dass Verhandlungen mit der Trump-Administration wenig Erfolg
versprechen. Immerhin hatten beide Staaten den USA zunächst besseren
Schutz vor illegaler Migration und Drogenhandel zugesagt, die
zunächst aufgeschobenen Zölle seien nun aber dennoch in Kraft gesetzt
worden. 

Da Trump Zölle einsetze, um Ziele außerhalb der Wirtschaft zu
erreichen, sei es denkbar, dass die EU ebenfalls andere Maßnahmen in
den Raum stelle als Gegenzölle, sagt Hillrichs vom Ifo. So drohe
China damit, weniger Einsatz im Anti-Drogenkampf zu zeigen.
Grundsätzlich sei es bei Gegenmaßnahmen aber entscheidend, nicht
wichtige Zwischenprodukte zu verteuern und keine Zölle auf Produkte
zu setzen, die nicht auch aus anderen Ländern als den USA bezogen
werden können.

Droht eine weltweite Zollspirale, und was würde die bedeuten?

Das kommt letztlich auf Trump und die Reaktionen der betroffenen
Länder an, ist also schwer vorherzusagen.

Sollte es zu einer Zoll-Eskalation kommen, wird dies nach Ansicht von
Ifo-Expertin Hillrichs weltweit die Inflation antreiben und die
Weltwirtschaft unter Druck setzen. Für Unternehmen bedeute dies zudem
hohe Planungsunsicherheit, was zum Verschieben von Investitionen
führen könnte. Einige Unternehmen verlagerten allerdings auch - wie
von Trump gewünscht - Produktionsstandorte in die USA, um so Zölle zu
umgehen.

Können sich die USA einen Zollkrieg gegen den Rest der Welt leisten?

Die Folgen für die USA werden nach Ansicht der IW-Ökonomin Sultan
immer gravierender, je mehr Länder sie mit Zöllen belegen und je mehr
Länder selbst mit Gegenmaßnahmen reagieren. «Ein umfangreicher
Handelskrieg gegen den Rest der Welt wird die USA erheblich ärmer
machen - nicht nur durch den wirtschaftlichen Verlust, der damit
einhergeht, sondern auch durch die zunehmende Isolation. Handel ist
ja nicht nur der reine Austausch von Waren, sondern stimuliert auch
den Wettbewerb und den Austausch von Ideen.» Wenn die USA den
Weltmarkt zunehmend verlassen, machen sie dort Platz für andere
Akteure wie etwa China.