EU-Pläne: Wie ein Gesetz für mehr Abschiebungen sorgen soll
11.03.2025 16:26
Härtere Abschieberegeln, schärfere Kontrollen, mögliche Haft: Ein
neues Gesetz soll Rückführungen abgelehnter Asylbewerber
beschleunigen. Wie und wann es kommt, ist aber noch offen.
Straßburg (dpa) - Die Frage von Rückführungen abgelehnter
Asylbewerber sorgt in der EU immer wieder für hitzige Debatten -
besonders nach Anschlägen wie in Magdeburg und Aschaffenburg. Viele
europäische Regierungen fordern schon länger schärfere Regeln, um
ausreisepflichtige Migranten schneller in ihre Herkunftsländer
zurückschicken zu können. Die EU-Kommission hat jetzt einen Vorschlag
für eine neue Verordnung präsentiert. Fragen und Antworten zu
zentralen Punkten:
Warum braucht die EU neue Regeln für Rückführungen?
Aktuell kehrt nach Angaben der EU-Kommission nur etwa ein Fünftel der
Menschen, die zur Ausreise verpflichtet sind, tatsächlich in die
Herkunftsländer zurück. Viele bleiben, weil Herkunftsstaaten die
Aufnahme verweigern oder Verfahren zu lange dauern. Das gilt als
großes Problem, insbesondere in Zeiten hoher Migrationszahlen. Mit
den neuen Regeln will die Kommission Abläufe effizienter gestalten
und sicherstellen, dass mehr abgelehnte Asylbewerber tatsächlich
zurückkehren.
Was sieht der Gesetzentwurf der Kommission vor?
Abgelehnte Asylbewerber sollen etwa verpflichtet werden, aktiv an
ihrer Rückführung mitzuwirken. Bei Verweigerung der Zusammenarbeit
drohen Konsequenzen - etwa die Kürzung von Leistungen oder ein
längeres Einreiseverbot.
Außerdem sollen strengere Regeln für Personen gelten, die als
Sicherheitsrisiko eingestuft werden. So sollen etwa die Gründe für
eine Inhaftierung erweitert werden.
Ein wichtiger Punkt ist auch die gegenseitige Anerkennung von
Rückkehrentscheidungen. Das bedeutet, dass Abschiebebescheide, die in
einem EU-Land erlassen wurden, auch in anderen Mitgliedstaaten
automatisch gelten sollen. So könnte eine Person, die in einem Land
zur Rückkehr verpflichtet wurde, nicht einfach in ein anderes EU-Land
weiterreisen, um das Verfahren zu umgehen.
Soll es Rückführungszentren geben?
Ja, der Vorschlag umfasst auch die Möglichkeit von
Rückführungszentren. Damit sind Einrichtungen außerhalb der EU
gemeint, in denen Migranten untergebracht werden, die aus der EU
abgeschoben wurden oder auf ihre Rückkehr in ihr Heimatland warten.
Die Idee ist, dass diese Zentren Abschiebungen erleichtern und
verhindern sollen, dass Migranten nach Europa zurückkehren. Dabei
müssen Menschenrechtsstandards eingehalten und die Umsetzung
überwacht werden. Minderjährige und Familien mit Kindern sind
ausgenommen.
Der schwedische Migrationsminister Johan Forssell betonte kürzlich,
dass die EU-Kommission in diesem Bereich eine führende Rolle
übernehmen müsse. «Wir sind 27 verschiedene Mitgliedsstaaten, die
alle die gleichen Herausforderungen haben, aber wir können nicht 27
verschiedene Rückführungszentren haben», sagte er der dpa.
Kommt dann auch so etwas wie das italienische «Albanien-Modell»?
Das sogenannte Albanien-Modell Italiens spielt zunächst keine Rolle
in den Plänen der Kommission. Es sieht vor, dass Migranten, die noch
auf ihre Asylentscheidung warten, in Drittstaaten - in diesem Fall
Albanien - untergebracht werden.
Allerdings ist das Modell rechtlich höchst umstritten. Die
italienische Regierung unter Giorgia Meloni ist damit bereits vor
mehreren Gerichten gescheitert. Nun befasst sich auch der Europäische
Gerichtshof (EuGH) mit der Rechtmäßigkeit der Pläne.
Warum ist überhaupt ein neues Gesetz notwendig?
Aus Sicht von EU-Kommissar Brunner sind die Rückführungspläne der
«noch fehlende Teil nach dem Asyl- und Migrationspakt». Und etliche
Mitgliedstaaten sehen die im Frühjahr beschlossene EU-Asylreform als
unzureichend an. Viele bezweifeln, dass sie die aktuellen Probleme
lösen kann. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Asylreform sich wegen
der Übergangsfrist noch bis Juni 2026 hinziehen könnte.
Mit der umstrittenen Reform werden Mitgliedstaaten etwa zu
einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen verpflichtet, damit rasch
festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet sind und die
Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze
abgeschoben werden können.
Wann kann das Gesetz in Kraft treten?
Das ist offen. Nach der Vorstellung des Entwurfs durch den
zuständigen EU-Kommissar Brunner muss dieser vom Europäischen
Parlament und dem Rat der Europäischen Union geprüft und angenommen
werden. Der genaue Zeitplan für die Umsetzung hängt von den
Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen ab.
Wie viele Abschiebungen gibt es in Deutschland?
Wie das Bundesinnenministerium im Januar mitteilte, gab es in den
ersten elf Monaten des Jahres 2024 insgesamt 18.384 Rückführungen.
Unter den Hauptherkunftsländern steht die Türkei auf dem ersten
Platz: 1.720 türkische Staatsbürger mussten Deutschland 2024 auf
diesem Weg verlassen. An zweiter Stelle standen demnach Georgier mit
1.678 Abschiebungen, gefolgt von Menschen aus Syrien, Afghanistan,
Nordmazedonien, Albanien, Serbien und dem Irak.