EU kündigt Vergeltung für neue US-Zölle an
12.03.2025 16:54
Die USA haben neue Zölle in Kraft gesetzt, die auch Deutschland und
die EU treffen. Die Europäische Kommission kündigt Gegenmaßnahmen an.
Auch Kanada reagiert in dem Handelskonflikt mit Washington.
Brüssel (dpa) - Die EU will mit Gegenzöllen auf US-Waren im
Milliardenwert die neuen amerikanischen Zölle auf Stahl- und
Aluminiumimporte kontern. Wie die zuständige Europäische Kommission
mitteilte, werden in einem ersten Schritt von April an Produkte wie
Bourbon-Whiskey, Spielkonsolen, Motorräder, Boote und Erdnussbutter
betroffen sein. Die Höhe der Zusatzzölle soll zum Teil bei 50 Prozent
liegen - so zum Beispiel für in den USA gebaute Motorräder des
Herstellers Harley-Davidson und Jack-Daniel's-Whiskey.
Weitere Gegenmaßnahmen sind dann nach Abstimmung mit den
EU-Mitgliedstaaten für Mitte April geplant. Sie sollen Unternehmen
treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch,
bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und
Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf
weitere Industrieprodukte wie Stahl- und Aluminiumprodukte,
Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und
Holzprodukte geben. Auch Kanada reagiert im Handelskonflikt mit
Washington mit Gegenzöllen auf neue US-Zölle.
Waren im Wert von 26 Milliarden Euro betroffen
Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle in Höhe von
25 Prozent Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was
in etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA
entspricht. «Basierend auf den aktuellen Importströmen wird dies dazu
führen, dass US-Importeure bis zu sechs Milliarden Euro an
zusätzlichen Importzöllen zahlen müssen», hieß es.
Die EU-Gegenmaßnahmen sollen dies nun ausgleichen. Nach
Kommissionsangaben wären US-Warenexporte im Wert von 26 Milliarden
Euro von den geplanten EU-Reaktionen betroffen.
«Die Europäische Union muss handeln, um Verbraucher und Unternehmen
zu schützen», erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen. Die Gegenmaßnahmen, die man ergreife, seien weitreichend, aber
verhältnismäßig.
Die deutsche Spitzenpolitikerin kritisierte die Zollentscheidung von
US-Präsident Donald Trump scharf. «Diese Zölle stören die
Lieferketten. Sie schaffen Unsicherheit für die Wirtschaft.
Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Preise werden steigen - in
Europa und in den Vereinigten Staaten», sagte sie.
US-Handelsbeauftragte: EU handelt realitätsfern
Der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer verurteilte die Entscheidung
der EU. Die Strafmaßnahmen ließen die nationalen
Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten - und auch die
internationale Sicherheit - völlig außer Acht. Sie seien ein weiteres
Indiz dafür, dass die Handels- und Wirtschaftspolitik der EU
realitätsfern sei, teilte er mit. «Wenn die EU so schnell gehandelt
hätte, um die weltweiten Überkapazitäten zu beseitigen, wie sie es
tut, um die Vereinigten Staaten zu bestrafen, wären wir heute
wahrscheinlich in einer anderen Situation.»
EU sieht Spielraum für Verhandlungen
Zugleich betonte von der Leyen, dass sie weiter bereit sei, mit der
US-Regierung an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. «Wir sind fest
davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geopolitischer und
wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen
Interesse ist, unsere Volkswirtschaften mit Zöllen zu belasten»,
sagte sie. Sie habe Handelskommissar Maro? ?ef?ovi? damit beauftragt,
seine Gespräche mit den Vereinigten Staaten wieder aufzunehmen, um
bessere Lösungen zu erarbeiten.
Bourbon-Whiskey könnte teurer werden
US-Präsident Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit von
2017 bis 2021 Sonderzölle die Einfuhr von Stahl- und
Aluminiumprodukten angeordnet und dies «mit Interessen der nationalen
Sicherheit» begründet.
Die EU reagierte damals bereits mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte
wie Bourbon-Whiskey, Motorräder und Jeans.
Im Herbst 2021 einigte sich die EU dann allerdings mit der Regierung
von Trumps demokratischem Nachfolger Joe Biden auf ein
Stillhalteabkommen, das zur Folge hatte, dass die Zölle weitestgehend
ausgesetzt wurden. Nach seiner Wiederwahl geht Trump nun aber wieder
auf Konfrontationskurs. Er hat auch angekündigt, auf Autos und andere
Waren aus der EU neue Zölle verhängen zu wollen. Damit will er die
USA als Produktionsstandort stärken und Handelsdefizite abbauen.
Zu den neuen geplante EU-Zusatzzöllen auf US-Produkte wird es nach
Angaben der EU-Kommission nun bis zum 26. März Konsultation mit
Interessengruppen geben. Dann sollen die Mitgliedstaaten eingeladen
werden, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu billigen, bevor sie
verabschiedet werden. Das Inkrafttreten ist nach Angaben von
Kommissionspräsidentin von der Leyen zum 13. April vorgesehen.
Wirtschaftsvertreter mahnten Augenmaß bei den Reaktionen an.
Gegenmaßnahmen müssten mit Bedacht und strategischem Weitblick
gewählt werden, um den Schaden für unsere eigene Wirtschaft in
Grenzen zu halten, kommentierte Volker Treier von der Deutschen
Industrie- und Handelskammer. Zölle und Gegenzölle dürften nicht in
einer Spirale münden - in Handelskriegen gebe es nur Verlierer.
Kanada reagiert auf neue US-Zölle mit Gegenzöllen
Kanada hat auf die von Trump verhängten Zölle auf alle Stahl- und
Aluminiumimporte in Höhe von 25 Prozent mit Gegenzöllen reagiert. Ab
Mitternacht würden Zölle auf US-Produkte wie Computer und Werkzeuge
in Höhe von insgesamt rund 20 Milliarden US-Dollar (etwa 18
Milliarden Euro) erhoben, teilten mehrere Minister bei einer
Pressekonferenz in Ottawa mit.
«Unsere legendären Stahl- und Aluminiumindustrien werden unfair
behandelt», sagte Kanadas Finanzminister Dominic LeBlanc.
Wissenschaftsminister François-Philippe Champagne warf der
US-Regierung vor, Chaos zu kreieren, das die Kosten für
Alltagsgegenstände für Menschen auf beiden Seiten der Grenze in die
Höhe treibe. Trump argumentiert, exzessive Stahl- und
Aluminiumimporte bedrohten die nationale Sicherheit der USA.