Syriens Präsident kommt nach Paris - trotz EU-Terrorliste

06.05.2025 17:46

Der Druck auf den syrischen Übergangspräsidenten wächst. Nach
tödlichen Kämpfen fordern westliche Staaten, die Rechte religiöser
Minderheiten zu schützen. Nun wird al-Scharaa in Paris erwartet.

Paris (dpa) - Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron empfängt am
Mittwoch den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa in Paris
zu dessen erstem Besuch in Europa - obwohl der Islamist von der EU
auf einer Terrorliste geführt wird. Wie der Élysée-Palast mitteilte,

werde Macron erneut die Unterstützung Frankreichs für den Aufbau
eines neuen, freien, stabilen und souveränen Syriens bekräftigen, in
dem alle Teile der syrischen Gesellschaft respektiert werden.

Macron werde den Interimspräsidenten auch an seine Forderungen an die
syrische Regierung erinnern, hieß es. Dazu gehören in erster Linie
die Stabilisierung der Region und insbesondere des Nachbarstaates
Libanon sowie der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus.

Ein Bündnis unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham
(HTS) hatte Syriens Langzeitmachthaber Baschar al-Assad Anfang
Dezember nach einer Blitzoffensive gestürzt. HTS-Anführer Ahmed
al-Scharaa wurde zum Übergangspräsidenten ernannt und al-Assad floh
nach Moskau.

Inzwischen hat sich al-Scharaa zwar von Al-Kaida und der
Terrororganisation Islamischer Staat (IS) losgesagt. Es gibt aber
weiter Zweifel, ob er die extremistische Ideologie tatsächlich ganz
hinter sich gelassen hat. Deshalb sei der Zeitpunkt bisher nicht
gekommen, al-Scharaa von der Terrorliste zu nehmen, hieß es aus dem
Élysée-Palast. Für sein Treffen mit Macron sei eine vorübergehende

Ausnahme beantragt worden, die ihm die Reise ermöglicht. 

Al-Scharaa wegen Schutz von Minderheiten unter Druck

Al-Scharaa steht verstärkt unter Druck, die Rechte von Christen,
Alawiten und anderen religiösen Minderheiten zu wahren. Die Mehrheit
der Syrer sind wie al-Scharaa und seine Kampfgefährten sunnitische
Muslime. Zuletzt kam es in Syrien zu heftigen Kämpfen zwischen
Angehörigen der drusischen Minderheit und sunnitischen Milizen. Dabei
wurden nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen
Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 100 Menschen getötet.
Anfang März reagierte die Übergangsregierung außerdem mit einer
Militäroperation auf Angriffe von Assad-Anhängern. Bei den Kämpfen
wurden auch Hunderte unbeteiligte Angehörige der Minderheit der
Alawiten getötet.

Frankreich ist mit Syrien historisch eng verbunden. Frankreich war
nach Auflösung des Osmanischen Reiches Mandatsmacht in Syrien und im
benachbarten Libanon. Von 1920 bis 1946 kontrollierte Paris damit
etwa Wirtschaft und Bildung im Land.