EU-Parlament verurteilt Vorgehen bei Protesten in Türkei

07.05.2025 17:56

Vor 20 Jahren startete die EU Beitrittsgespräche mit der Türkei -
doch diese liegen schon länger auf Eis. Das EU-Parlament will, dass
das so bleibt.

Straßburg (dpa) - Das europäische Parlament will wegen «anhaltender
Verschlechterung der demokratischen Standards» in der Türkei den
EU-Beitrittsprozess des Landes eingefroren lassen. «Die geopolitische
und strategische Bedeutung der Türkei kann demokratische Rückschritte
nicht ausgleichen, und die EU-Beitrittskriterien sind nicht
verhandelbar», bekräftigten die Abgeordneten in Straßburg mit einer
rechtlich nicht bindenden Resolution.

Zwar gebe es demokratische und pro-europäische Bestrebungen eines
großen Teils der türkischen Gesellschaft, so das Parlament. Die
Parlamentarier seien aber zutiefst besorgt über immer schlechtere
demokratische Standards und über die «unerbittliche Unterdrückung»

kritischer Stimmen. 

Sie verurteilen etwa das harte Vorgehen bei den jüngsten friedlichen
Massenprotesten und die strafrechtliche Verfolgung von Hunderten von
Demonstranten in übereilten Massenprozessen. Zudem halten sie «die
Angriffe auf den Istanbuler Bürgermeister Ekrem ?mamoglu für
politisch motiviert, um einen legitimen Herausforderer bei den
bevorstehenden Wahlen zu verhindern».

Scharfe Kritik aus der Türkei

Das türkische Außenministerium kritisierte diese Einschätzung. Der
Bericht enthalte «verzerrte, voreingenommene und unbegründete
Anschuldigungen gegen die Türkei», hieß es in einer Mitteilung. Die
Einschätzungen einer Institution, die terroristischen Organisationen
und Gruppen, die sich gegen die Türkei richteten, eine
Propagandabasis biete, würden abgelehnt.

«Wir erwarten vom Europäischen Parlament, dass es in der kommenden
Zeit seiner Verantwortung gerecht wird und sicherstellt, dass unsere
Beziehungen zur EU, einschließlich unseres Beitrittsprozesses, auf
der Grundlage des gegenseitigen Nutzens fortgesetzt werden», hieß es
weiter.

Zweifel an Beweislage für Imamoglu-Absetzung

Imamoglu gilt als aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Recep
Tayyip Erdogan bei kommenden Wahlen. Er war im März zunächst
festgenommen, später verhaftet und als Bürgermeister von Istanbul
abgesetzt worden.

Beobachter äußern erhebliche Zweifel an der Substanz der Beweislage.
Dem Präsidentschaftskandidaten der sozialdemokratischen CHP werden
Vorwürfe im Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorermittlungen
gemacht, die er von sich weist.

Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden 2005 gestartet -
sie liegen allerdings nach fortdauernden Rückschritten des Landes in
den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte
vollständig auf Eis.