Trump schließt Deal mit Briten - EU droht mit Gegenzöllen Von dpa-Korrespondenten

08.05.2025 18:55

Die ganze Welt stehe Schlange für Deals mit ihm, hatte US-Präsident
Donald Trump nach Einführung seiner Zölle gesagt. Großbritannien
macht den Anfang. Was ist der Pakt wert?

Washington/London/Brüssel (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat einen
Handelspakt mit Großbritannien als Erfolg seiner Zollpolitik
angepriesen. «Es ist ein sehr großer Deal», sagte Trump auf einer
Pressekonferenz im Weißen Haus. 

Auch mit der EU wolle er eine Vereinbarung treffen, sagte Trump -
ungeachtet der Drohkulisse aus der Brüssel, das sich Gegenzölle auf
US-Exporte im Wert von knapp 100 Milliarden Euro vorbehält.

Für die USA ist der Deal mit den Briten die erste Vereinbarung mit
einem wichtigen Handelspartner seit Trumps weitreichender Verhängung
von Zöllen Anfang April. Der US-Präsident deutete an, dass noch viele
weitere Vereinbarungen folgen könnten.

«Fantastischer, historischer Tag»

Großbritanniens Premier Keir Starmer dürfte sich in seinem Kurs, eine
Konfrontation mit den USA zu meiden, bestätigt fühlen. «Das ist ein
wirklich fantastischer, historischer Tag», sagte Starmer per Telefon
während der Pressekonferenz.

Trump hatte die Vereinbarung als «voll und umfänglich» bezeichnet.
Aus britischen Regierungskreisen war aber zu hören, es handle sich
nicht um ein herkömmliches Freihandelsabkommen. Der Deal betreffe
eher spezifische Bereiche und stelle einen Rahmen für weitere
Verhandlungen dar.

Quoten für britische Auto-Importe

Bislang gelten für die Briten - wie für alle anderen Nationen auch -
für die meisten Exportgüter US-Zölle in Höhe von 10 Prozent. Auf
Stahl und Aluminium sowie auf Autos und Autoteile werden sogar 25
Prozent erhoben. 

Das soll nun für eine Quote von 100.000 Fahrzeugen auf 10 Prozent
reduziert werden, wie US-Handelsminister Howard Lutnick sagte.
Flugzeugteile von Triebwerkshersteller Rolls-Royce sollen zollfrei in
die USA eingeführt werden können. Im Gegenzug werde Großbritannien
Flugzeuge von Boeing im Wert von zehn Milliarden US-Dollar (ca. 8,9
Milliarden Euro) importieren. Zölle auf britischen Stahl und
Aluminium sollen ganz aufgehoben werden.

Das Handelsvolumen zwischen den USA und Großbritannien betrug im
vergangenen Jahr umgerechnet rund 370 Milliarden Euro. Bei etwa 70
Prozent der britischen Exporte in die USA handelte es sich aber um
Dienstleistungen, die von Zöllen nicht betroffen sind, und nur bei
etwa 30 Prozent um Waren.

Experte: Verhandlungserfolg für die Briten

Ein Rechtsexperte bewertete den Handelspakt nach erster Einschätzung
als Verhandlungserfolg für die Briten. «Sie konnten die neuen
Trumpzölle verringern oder ganz vermeiden, ohne dabei rote Linien wie
die Herabsetzung von Lebensmittelstandards zu überschreiten», sagte
Holger Hestermeyer, der an der Diplomatischen Akademie Wien
Internationales Recht und EU-Recht lehrt. 

Selbst von der Abschaffung der Steuer auf digitale Dienstleistungen,
die von Trump vehement gefordert wurde, sei bislang nichts mehr zu
hören gewesen, sagte Hestermeyer der Deutschen Presse-Agentur.

90-Tage-Frist für EU läuft im Juli ab

Der EU hatte Trump flächendeckend Zölle in Höhe von 25 Prozent
angedroht, sollte es keine eigene Einigung mit den USA geben. Als
Frist gilt derzeit der Monat Juli. Auf ein Angebot aus Brüssel für
die gegenseitige Aufhebung aller Zölle auf Industriegüter ging die
Trump-Regierung bislang nicht ein.

Der US-Präsident will mit den Zöllen angebliche
Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktion in die USA
verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures
Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise
gegenzufinanzieren. 

Wie hat London auf die Zölle reagiert?

Großbritanniens Premierminister Starmer betonte stets, man lege den
Fokus auf den raschen Abschluss eines Handelspakts mit Washington.
Gegenzölle wollte er daher - anders als Brüssel - nicht androhen.

Starmer war Trump mit einer regelrechten Charme-Offensive begegnet.
Bei einem Besuch im Weißen Haus im Februar überreichte er dem
US-Präsidenten eine Einladung zum Staatsbesuch von König Charles
III. 

Wie sieht die EU-Reaktion auf die US-Zölle aus? 

Ganz anders fiel die Reaktion in Brüssel aus. Die Europäische
Kommission bereitet einer Mitteilung zufolge weitere Gegenzölle auf
US-Exporte im Wert von bis zu 95 Milliarden Euro vor. Diese
Zusatzabgaben könnten auf Industrie- und Agrarprodukte wie Autos,
Süßkartoffeln und Whiskey erhoben werden, sollten Verhandlungen mit
Washington nicht zu einer Lösung führen.

Betroffen sein könnten von zusätzlichen Zöllen auch Maschinen, Auto-

und Flugzeugteile, Chemikalien sowie neben Whiskey auch Rum und Wein
aus den USA. Die mehr als 200 Seiten lange Liste mit Produkten, die
aus Sicht der Kommission mit Zöllen belegt werden könnten, soll nun
öffentlich und von der Wirtschaft diskutiert werden.

Hoffnung ist gleichzeitig, dass die Liste auch in den USA analysiert
wird und exportorientierte Unternehmen die Regierung in Washington
drängen, eine Einigung mit der EU zu erzielen.

Klage bei der Welthandelsorganisation

Parallel zu der Vorbereitung neuer möglicher Gegenzölle will die
EU-Kommission die USA wegen der Zölle bei der WTO verklagen, wie die
Behörde weiter mitteilte. Dort richtet der
Streitschlichtungsausschuss dann ein Expertengremium ein, das
begutachtet, ob die Zölle gegen WTO-Regeln verstoßen.

Neben den Zusatzabgaben zieht die Kommission für diesen Fall außerdem
EU-Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Produkte im Wert von 4,4
Milliarden Euro in Erwägung. Dazu gehören etwa Stahlschrott und
chemische Erzeugnisse, die von US-Unternehmen bislang gerne
importiert werden.

Erschwert der Deal eine Annäherung zwischen London und Brüssel?

Die Einigung auf einen Deal mit Trump ist für Starmer vor allem ein
symbolischer Erfolg. Als ökonomisch wichtiger gilt eine Annäherung
mit der Europäischen Union, die bei einem Gipfel am 19. Mai in London
mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident
António Costa entscheidend vorankommen soll. 

Spekuliert wurde auch immer wieder über eine dynamische Vereinbarung
im Bereich von Tiergesundheit und Lebensmittelstandards. Das könnte
durch Zugeständnisse an die USA erschwert werden. Chlorhühnchen und
hormonbehandeltes Rindfleisch soll es aber in britischen Supermärkten
nicht geben. Britische Lebensmittelstandards würden durch die
Vereinbarung mit den USA nicht gesenkt, betonte ein britischer
Regierungssprecher.

Hintergrund dürfte sein, dass die EU als Ganzes der wichtigere
Handelspartner für Großbritannien ist. «Dort fließt fast die Hälf
te
der britischen Warenexporte hin. In die USA gehen als wichtigstes
Zielland "nur" 16 Prozent», sagte Marc Lehnfeld von der bundeseigenen
Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) der Deutschen
Presse-Agentur in London.