Deutsche Waffenlieferungen in Ukraine wieder Geheimsache Von Michael Fischer, dpa

09.05.2025 20:04

Ob Leopard-Panzer, Raketenwerfer oder Flugabwehrsystem: Die
Ampel-Regierung hat alle an die Ukraine gelieferten Waffensysteme im
Internet veröffentlicht. Damit ist jetzt Schluss.

Berlin (dpa) - Nach drei Jahren weitreichender Transparenz wird die
neue Bundesregierung die deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine
wieder größtenteils geheim halten. «Die Bundesregierung wird künfti
g
die Kommunikation zur Lieferung von Waffensystemen deutlich
reduzieren», heißt es aus Regierungskreisen. 

Damit wolle man vor allem «dem Aggressor im Ukraine-Krieg
militärische Vorteile verweigern». Es gehöre zur «Taktik in der
Kriegsführung», öffentliche Debatten über Waffenlieferungen zu
reduzieren.

Seit Juni 2022 Waffenliste im Internet

Damit kehrt die schwarz-rote Regierung von Kanzler Friedrich Merz
(CDU) zu einer Praxis zurück, die es unmittelbar nach Kriegsbeginn
unter der Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz auch schon gab. Der
SPD-Politiker hatte am 27. Februar 2022 - drei Tage nach der
russischen Invasion in der Ukraine - entschieden, Waffen in das
angegriffene Land zu liefern. Etwa vier Monate lang gab es kaum
Kommunikation darüber.

Im Juni 2022 entschied sich die Bundesregierung dann nach
öffentlichem Druck, eine detaillierte Liste mit allen Waffenlieferung
ins Internet zu stellen. Bis heute werden auf Bundesregierung.de alle
gelieferten Waffen mit Stückzahl eingestellt. Dort steht zum
Beispiel, dass Deutschland 25 Panzerhaubitzen, 121 Leopard-Panzer,
1.050 bewaffnete Drohnen oder 478.000 Schuss Artilleriemunition
geliefert hat.

Damit wollte die Regierung Scholz fortan den Nachweis erbringen, dass
Deutschland der größte Waffenlieferant der Ukraine nach den USA ist.
Die letzte Aktualisierung der Liste erfolgte am 6. Mai, dem Tag der
Ernennung der neuen Bundesregierung.

Was erfährt der Bundestag noch?

Nun ist damit Schluss. Die neue Bundesregierung vollzieht eine
Kehrtwende und hält die Waffenlieferungen wieder geheim, um eine
«strategische Ambiguität» herzustellen, wie es im Fachjargon heißt:

eine Mehrdeutigkeit, um dem Gegner das eigene Agieren zu
verschleiern. 

Wie der Bundestag künftig über die Waffenlieferungen informiert wird,
wurde noch nicht kommuniziert. Zustimmen muss das Parlament anders
als bei der Entsendung von Soldaten nicht. Vermutlich wird das
Parlament aber in geheimer Sitzung des Verteidigungsausschusses über
die Waffenlieferungen informiert.

 Auch Taurus fällt unter die Geheimhaltung

Der Kurswechsel der Bundesregierung hat auch Auswirkungen auf eine
heikle offene Frage der Ukraine-Politik von Friedrich Merz: Wird der
Marschflugkörper Taurus geliefert oder nicht? Merz hatte im Wahlkampf
betont, dass er zu einer Lieferung bereit sei, aber nur in Abstimmung
mit den Bündnispartnern, die ähnliche Waffen schon geliefert haben
oder darüber verfügen.

In Europa sind das Frankreich und Großbritannien. Der französische
Präsident Emmanuel Macron hatte bereits am Dienstag beim Besuch von
Merz in Paris auf eine Journalistenfrage nach einer möglichen
deutschen Taurus-Lieferung gesagt, dass man über so etwas nun nicht
mehr reden wolle. «Wir werden gegenüber den Ukrainern transparent
sein, wir werden ihren Bedarf decken, aber werden so wenig wie
möglich darüber sprechen», sagte er. Das sei gut für den Schutz der

Ukrainer. 

«Nicht in jeder Pressekonferenz über Waffenkategorien sprechen»

«Deshalb haben wir beschlossen, dass wir in gewissen Bereichen keine
eindeutigen Informationen geben», sagte Macron. «Wir werden nicht in
jeder Pressekonferenz über Waffenkategorien und Waffenmodelle
sprechen. Denn es könnte durchaus sein, dass auch die russische Armee
die Antwort auf Ihre Fragen hört.»