Serbiens Präsident Vucic stellt Neuwahlen in Aussicht
16.05.2025 13:41
Seit einem halben Jahr demonstrieren Bürger gegen die Zustände in
Serbien und forderten zuletzt vorgezogene Neuwahlen. Der bedrängte
Präsident Vucic scheint nun nachzugeben.
Tirana (dpa) - Unter dem Eindruck der mächtigen Protestbewegung in
seinem Land hat Serbiens Präsident Aleksandar Vucic erstmals
vorgezogene Neuwahlen in Aussicht gestellt. «Parlamentswahlen können
innerhalb von anderthalb Jahren stattfinden, wenn die zuständigen
Institutionen entsprechende Schritte einleiten», sagte Vucic am Rande
eines europäischen Gipfeltreffens in der albanischen Hauptstadt
Tirana vor Journalisten. Das derzeitige Parlament ist regulär bis
Anfang 2028 gewählt.
In Serbien demonstrieren seit rund einem halben Jahr vor allem
Studentinnen und Studenten gegen Korruption und Missmanagement der
staatlichen Institutionen, die weitgehend unter der Kontrolle von
Vucic stehen. Die Demonstranten fordern umfassende Reformen, um
demokratische und rechtsstaatliche Zustände herzustellen. Zu den
Protesten gehören Universitätsbesetzungen und Straßenblockaden.
Inzwischen haben sich breite Bevölkerungsschichten angeschlossen.
Tragödie mit 16 Toten als Auslöser
Auslöser der landesweiten Proteste war der Einsturz eines frisch
renovierten Bahnhofsvordachs in der nordserbischen Stadt Novi Sad,
bei dem 16 Menschen starben. Kritiker machten dafür die Regierung und
Behörden verantwortlich und warfen ihnen Inkompetenz und Korruption
vor.
Anfang des Monats hatte die Studentenbewegung erstmals vorgezogene
Neuwahlen gefordert. Die Ansetzung regulärer oder vorgezogener
Parlamentswahlen fällt in die Zuständigkeit des Präsidenten. Vucic
sagte in Tirana, dass sich bisher noch niemand mit der Forderung nach
Neuwahlen «an die zuständigen Institutionen» gewandt habe.
Veränderte politische Landschaft in Serbien
Die Protestbewegung hat nach Ansicht von Beobachtern die von Vucic
dominierte politische Landschaft in Serbien verändert. Die
Studierenden verlangen von der bislang zersplitterten und
untereinander zerstrittenen Opposition, mit einer gemeinsamen Liste
gegen die Regierungspartei SNS und deren Partner anzutreten. Experten
zufolge hätte eine gemeinsame Liste mit Unterstützung der
Studierenden gute Chancen auf einen Wahlsieg.