EU begleitet Ukraine-Verhandlungsstart mit Sanktionsdrohung

16.05.2025 14:31

Die EU hat große Hoffnungen in die russisch-ukrainischen
Verhandlungen in der Türkei gesetzt. Der Kurs von Kremlchef Putin
sorgt allerdings für Ernüchterung. Jetzt soll der Druck erhöht
werden.

Tirana (dpa) - Die europäischen Partner der Ukraine haben den Beginn
der Friedensgespräche in Istanbul mit lautstarken neuen
Sanktionsdrohungen gegen Russland begleitet. Bei einem Treffen
europäischer Staats- und Regierungschefs in der albanischen
Hauptstadt Tirana kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen einen Vorschlag für ein neues Paket mit Strafmaßnahmen an.
Großbritanniens Regierungschef Keir Starmer erklärte, sollte es keine
Waffenruhe geben, werde man bei Sanktionen gemeinsam handeln.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte von den
Partnern Entschlossenheit. Wenn sich herausstellen sollte, dass
Russland mit seiner Delegation nur eine Inszenierung aufführe und
keine Ergebnisse liefern könne, müsse die Welt reagieren. «Es braucht

eine starke Antwort, einschließlich Sanktionen gegen Russlands
Energiesektor und Banken», sagte er. «Der Druck muss weiter steigen,
bis echte Fortschritte erzielt werden.»

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte, er hoffe darauf, dass man
auch die amerikanische Seite gewinnen könne, an der Seite der
Europäer zu Lösungen für ein Ende des russischen Kriegs gegen die
Ukraine beizutragen.

Nord Stream im Visier

Wie von der Leyen mitteilte, soll das neue EU-Paket unter anderem die
Wiederaufnahme des Betriebs der Nord-Stream-Gaspipelines verhindern.
Zudem sind eine Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sowie
weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor und gegen
Schiffe der russischen Schattenflotte geplant.

Die Ölpreisobergrenze war bereits 2022 verabredet worden und soll
Russland dazu zwingen, Erdöl für höchstens 60 Dollar pro Barrel (159

Liter) an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Die Maßnahme
zielt darauf ab, eine der wichtigsten russischen Einnahmequellen zu
schmälern und so auch die Fähigkeit des Landes, den Angriffskrieg
gegen die Ukraine fortzusetzen.

Die möglichen Sanktionen gegen Nord Stream sollen nach Angaben der
EU-Kommission vor allem Investoren davor abschrecken, auf eine
erneute Nutzung nach einem möglichen Friedensdeal zu setzen. Operativ
hätten sie derzeit keine Konsequenzen, da durch die Röhren in der
Ostsee derzeit ohnehin kein Gas nach Europa fließt. Eine der zwei
Röhren von Nord Stream 2 wurde bei einem Anschlag im September 2022
zerstört, ebenso wie die Stränge der früher bereits genutzten
Nord-Stream-1-Pipeline.

Von der Leyen: Putin will keinen Frieden

Von der Leyen erklärte die Vorbereitung des neuen Sanktionspakets
damit, dass Russland den Aufruf der EU und der USA zu einer
vollständigen und bedingungslosen Waffenruhe für 30 Tage abgelehnt
habe. Zudem sei Präsident Wladimir Putin auch nicht zu den
Verhandlungen mit Selenskyj in die Türkei gereist, die der Kremlchef
selbst angeboten hatte. «Präsident Selenskyj war bereit für das
Treffen - Präsident Putin erschien nie», sagte von der Leyen. Dies
zeige die wahre Ansicht Putins: Dieser wolle keinen Frieden.

Die neuen Planungen haben nichts zu tun mit dem bereits
ausgehandelten 17. EU-Paket mit Russland-Sanktionen. Dieses soll am
kommenden Dienstag bei einem Außenministertreffen in Brüssel formell
beschlossen werden. Es sieht unter anderem eine weitere Verschärfung
des Vorgehens gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den
Transport von Öl und Ölprodukten vor. Zudem ist geplant, Dutzende
weitere Unternehmen ins Visier zu nehmen, die an der Umgehung
bestehender Sanktionen beteiligt sind oder die russische
Rüstungsindustrie unterstützen.

Die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul sind die
ersten direkten der Kriegsparteien seit 2022. Putin reiste allerdings
nicht an, obwohl Selenskyj sich zu einem Treffen bereiterklärt hatte.