Merz setzt Ukraine-Diplomatie im Petersdom fort
18.05.2025 15:47
Die Amtseinführung des Papstes nennt Kanzler Merz einen «erhebenden
Augenblick». Am Rande der Messe führt er aber auch politische
Gespräche, die sich nur um ein Thema drehen.
Rom (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz hat am Rande der
Amtseinführung des Papstes weitere Gespräche geführt, um die
Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs voranzutreiben. Im
Petersdom sprach er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj und mit US-Außenminister Marco Rubio. Schon am Morgen hatte
er sich mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Mark Carney
getroffen.
Am Abend will sich Merz nun erneut mit dem französischen Präsidenten
Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und
US-Präsident Donald Trump zusammenschalten, um sich vor Trumps
Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag
abzustimmen. Ein solches Gespräch sei im Weißen Haus angefragt, hieß
es aus Regierungskreisen.
Merz hofft auf weitere Fortschritte in Ukraine-Diplomatie
«Wir können nur hoffen, dass es jetzt weitere Fortschritte gibt»,
sagte Merz. «Und mein fester Eindruck ist, dass sowohl die Europäer
als auch die Amerikaner fest entschlossen sind, zusammen aber jetzt
auch zielorientiert dafür zu sorgen, dass dieser schreckliche Krieg
bald aufhört.»
Die Amtseinführung selbst bezeichnete Merz als «erhebenden
Augenblick». Der Katholik, der die Messe zusammen mit Zehntausenden
Gläubigen und Spitzenvertretern von rund 150 Ländern verfolgte,
wünschte Leo XIV. eine «gute und glückliche Hand» für das, was er
als
Oberhaupt der Katholischen Kirche vorhabe.
Kanzler fühlt sich durch Kapitalismus-Kritik nicht angesprochen
Für die Kapitalismus-Kritik in der Predigt des Papstes äußerte Merz
zwar Verständnis. Dass Leo XIV. solche Themen anspreche, gehöre zu
seinen «ureigensten Aufgaben», sagte er. Zu den Hauptadressaten zählt
sich Merz allerdings nicht. «Ich fühle mich mit dem, was wir soziale
Marktwirtschaft in Deutschland nennen, damit nur sehr begrenzt
angesprochen.» Leo XIV. hatte in seiner Predigt unter anderem
gemahnt, die Ärmsten nicht weiter an den Rand der Gesellschaft zu
drängen.
Merz' Frau Charlotte erstmals auf einer Kanzlerreise dabei
Im Petersdom kam es zu einer kurzen Begegnung zwischen Merz und dem
Papst, bei dem die beiden wenige Worte wechselten. Der Kanzler wurde
in Rom erstmals auf einer Auslandsreise als Kanzler von seiner Frau
Charlotte begleitet. An der Amtseinführung des Papstes nahmen auch
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) Bundestagspräsidentin Julia Klöckner
(CDU), Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) und der Präsident
des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, teil.
Charme-Offensive bei Meloni
Die Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs waren auch schon am
Samstag zum Auftakt des Rom-Besuchs des Kanzlers ein Hauptthema beim
Treffen mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Dabei
versprach der Kanzler, Italien als wichtigen EU-Partner enger in die
Bemühungen um ein Ende des Kriegs in der Ukraine einzubinden. «Wir
waren uns einig, dass Italien hier eine Rolle spielen muss», sagte er
auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
In Rom hatte es Irritationen gegeben, weil Meloni beim jüngsten
Besuch von vier Europäern in Kiew nicht dabei war. Merz ließ bei
seinem Antrittsbesuch in Rom offen, was eine engere Einbindung genau
zu bedeuten hat. Bei dem bei Trump für Sonntagabend angefragten
Gespräch soll Meloni erneut nicht dabei sein.
Der CDU-Vorsitzende kündigte aber an, in den nächsten Tagen mit
anderen europäischen Partnern Gespräche über die Einbindung Italiens
zu führen. «Wir dürfen uns in der Europäischen Union nicht
auseinanderdividieren lassen. Es gibt auch nicht Mitglieder erster
oder zweiter Klasse.»
Meloni: «Persönliche Empfindlichkeiten» aufgeben
Bei der Kiew-Reise des Kanzlers am vergangenen Wochenende waren auch
die Staats- beziehungsweise Regierungschefs aus Frankreich,
Großbritannien und Polen dabei - Italien jedoch nicht, obwohl Melonis
Vorgänger Mario Draghi früher bei solchen Anlässen dazugehörte. Das
Verhältnis zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Meloni
gilt als angespannt. Kann Merz da vielleicht vermitteln?
Meloni sagte - ohne Namen zu nennen -, jetzt sei vielleicht der
Moment, «persönliche Empfindlichkeiten aufzugeben, die die so
wichtige und grundlegende Einheit des Westens zu untergraben drohen».
Die Vorsitzende der rechten Partei Fratelli d'Italia (Brüder
Italiens) gilt im Kreis der europäischen Regierungschefs als
diejenige mit den besten Kontakten zu US-Präsident Trump. Sie führt
eine rechte Dreier-Koalition.
«Unverzichtbarer strategischer Partner»
Meloni lehnte es jedoch ab, dem neuen Kanzler für seinen ersten
Besuch im Weißen Haus einen Ratschlag zu geben. Merz sei «ein
Politiker mit großer Erfahrung», sagte die Regierungschefin. «Ich
fühle mich nicht unbedingt in der Lage, die Psychologin der
internationalen Führer zu geben.» Merz will demnächst nach Washington
fliegen. Der Termin ist noch nicht bekannt.
In der deutschen Politik gibt es erhebliche Meinungsunterschiede, wie
mit Meloni umzugehen ist, deren Partei ihre Wurzeln im Postfaschismus
hat. Merz bezeichnete Italien als «unverzichtbaren strategischen
Partner». Zu einem Bericht, wonach Italien auf Drängen der SPD im
Koalitionsvertrag nicht entsprechend erwähnt werde, sagte er: «Die
Nachrichten darüber sind alle falsch.»