EU-Staaten setzen neue Russland-Sanktionen in Kraft Von Ansgar Haase und Niklas Graeber, dpa

20.05.2025 15:40

Ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist trotz der
Bemühungen von Donald Trump nicht absehbar. Die EU-Staaten setzen auf
weitere Sanktionen. Auch zwei deutscher Blogger sind betroffen.

Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten haben angesichts des anhaltenden
Angriffskriegs gegen die Ukraine neue Russland-Sanktionen in Kraft
gesetzt. Das mittlerweile 17. Paket mit Strafmaßnahmen sieht unter
anderem eine weitere Verschärfung des Vorgehens gegen die sogenannte
russische Schattenflotte für den Transport von Öl und Ölprodukten
vor, wie EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas nach einer Entscheidung bei
einem EU-Ministertreffen in Brüssel mitteilte.

Zudem werden Dutzende weitere Unternehmen ins Visier genommen, die an
der Umgehung bestehender Sanktionen beteiligt sind oder die russische
Rüstungsindustrie unterstützen. «Je länger Russland Krieg führt,

desto härter ist unsere Reaktion», kommentierte Kallas in sozialen
Netzwerken.

Die frühere estnische Regierungschefin wies dabei auch darauf hin,
dass ein 18. Sanktionspaket bereits in Planung ist. Es soll unter
anderem die Wiederaufnahme des Betriebs der Nord-Stream-Gaspipelines
verhindern. Zudem sind eine Senkung des Preisdeckels für russisches
Öl sowie weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor und
gegen Schiffe der russischen Schattenflotte geplant.

«Wladimir Putin spielt offenbar weiter auf Zeit»

Hintergrund der schnellen Taktung ist, dass Friedensbemühungen für
die Ukraine zuletzt keine greifbaren Ergebnisse brachten und
Forderungen des Westens nach einer sofortigen Waffenruhe nicht
erfüllt wurden. «Wladimir Putin spielt offenbar weiter auf Zeit»,
sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in
Brüssel mit Blick auf den russischen Präsidenten. 

Die Konsequenz sollten seiner Meinung nach vor allem weitere
Sanktionen gegen den russischen Energiesektor sein. «Das wirksamste
Sanktionsmittel ist das weitere Abschneiden der Mittelzuflüsse, der
Geldzuflüsse aus Energieverkäufen», sagte Pistorius. «Der Strom von

Geld, der schon geringer geworden ist, muss noch mehr zu einem
Rinnsal werden.»

Außenminister Johann Wadephul (CDU) sagte, er werde dafür werben, bei
weiteren Sanktionsmöglichkeiten keine Denkverbote zu haben. Auf den
von Russland nicht akzeptierten Vorschlag für eine Waffenruhe werden
man reagieren müssen.

Schiffe dürfen nicht mehr in Häfen in der EU

Mit dem aktuellen Sanktionspaket wird den Angaben zufolge 189
weiteren Schiffen das Einlaufen in Häfen in der EU verboten. Ebenso
werden die Betreiber nicht mehr von Dienstleistungen europäischer
Unternehmen profitieren können. Von neuen Ausfuhrbeschränkungen sind
rund 30 wirtschaftliche Akteure betroffen sein. 75 weitere Personen
und Unternehmen dürfen gar keine Geschäfte mehr in der EU machen und
müssen auch Vermögenssperrungen befürchten. Darunter ist auch das
russische Ölunternehmen Surgutneftegas. 

Zudem gibt es auch noch weitere Strafmaßnahmen gegen Organisationen
und Personen wegen der Verbreitung von Falschnachrichten und
Menschenrechtsverstößen. Sie treffen unter anderem zwei deutsche
Blogger. Diese sollen unter anderem systematisch Fehlinformationen
über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verbreitet haben.

Angst vor Ölkatastrophe

Bei den Sanktionen gegen die Schiffe geht es vor allem um die
Beschränkung russischer Exporte, aber auch um den Umweltschutz.
Russland wird seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen
Preisdeckels für Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die
nicht in der Hand westlicher Reedereien oder von westlichen
Versicherungen versichert worden sind.

Nach Ansicht von Experten gibt es dabei große Risiken für die
Schifffahrt und die Umwelt. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass
viele Tanker überaltert seien, technische Mängel hätten und zeitweise

ohne automatisches Identifizierungssystem unterwegs seien.

Um die Preisobergrenze für Ölexporte in Nicht-EU-Länder
durchzusetzen, wurde bereits 2022 beschlossen, dass für russische
Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft
geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die
Preisobergrenze nicht überschreitet.

Wirksamkeit der Sanktionen ist umstritten

Die Wirksamkeit der Russland-Sanktionen ist unterdessen umstritten.
Kritiker bezweifeln, dass sie einen großen Einfluss auf die Politik
Putins haben. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass die
Strafmaßnahmen die russische Wirtschaft hart treffen und der Staat
erhebliche Einnahmeausfälle zu verkraften habe. Demnach hätte
Russland den Krieg ohne die Sanktionen möglicherweise schon lange mit
einem Sieg beendet.

Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp verwies unter
anderem auf den extrem gestiegenen Leitzins in Russland, der
Investitionen und Konsum bremsen kann. «Das zeigt, dass es wirklich
ernste Probleme gibt», sagte er. Man sehe Risse in der russischen
Wirtschaft.

Die EU teilte zudem zu den Sanktionen mit, dass die russischen
Einnahmen in dem Bereich seit der Einführung der Ölpreisobergrenze
und der Sanktionen gegen die Schattenflotte um 38 Milliarden Euro
zurückgegangen seien. Die russischen Einnahmen im März 2025 hätten um

knapp 14 Prozent unter denen vom März 2023 gelegen und um mehr als 20
Prozent unter denen vom März 2022.