EU stellt Abkommen mit Israel auf den Prüfstand
20.05.2025 23:35
Hält sich Israel noch an die Grundprinzipien für eine Zusammenarbeit
mit der EU? Etliche Mitgliedstaaten zweifeln daran. Jetzt wird eine
Überprüfung vorgenommen - gegen den Willen Deutschlands.
Brüssel (dpa) - Angesichts der Lage im Gazastreifen stellt die EU ihr
Partnerschaftsabkommen mit Israel infrage. Nach Angaben von
EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas sprach sich bei einem
Außenministertreffen in Brüssel eine «starke Mehrheit» dafür aus,
zu
überprüfen, ob Israel sich noch an die Grundprinzipien des
sogenannten Assoziierungsabkommens hält. Zu diesen gehört, dass die
Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auch auf der Achtung der
Menschenrechte beruhen.
Deutschland gehörte bei dem Ministertreffen nach Angaben von
Diplomaten zu den Ländern, die sich gegen eine Überprüfung
aussprachen. Die Bundesregierung argumentiert unter anderem, dass sie
die bestehenden Gesprächskanäle zu Israel nicht gefährden will.
Kallas: Israels Kursänderung nicht ausreichend
Unter anderem aus den Niederlanden wird Israel vorgeworfen, dieses
Grundprinzip zu verletzen. Hintergrund ist insbesondere, dass das
Land seit Anfang März kaum noch Lieferungen von Hilfsgütern in den
Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben.
Israel begründet sein Vorgehen damit, dass die islamistischen Hamas
von den Hilfsgüter-Lieferungen profitiere.
«Die Situation in Gaza ist katastrophal», sagte Kallas in Brüssel.
Sie begrüße, dass Israel zuletzt wieder Hilfsgüter in das Gebiet
gelassen habe, das sei aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Solange keine Überprüfung der israelischen Vertragstreue
stattgefunden hat, wollten die Niederlande einer derzeit geplanten
Verlängerung der Geltungsdauer eines EU-Israel-Aktionsplans um zwei
Jahre nicht zustimmen. Dieser fördert nach EU-Angaben die Integration
Israels in europäische Politiken und Programme und ist eine Grundlage
für die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen den beiden
Vertragsparteien.
Kein Zeitplan für Überprüfung
Kallas sagte am Dienstag nach dem EU-Außenministertreffen in Brüssel,
dass es keinen Zeitplan für die beschlossene Überprüfung gebe.
Während das Verfahren in Gang sei, hoffe man darauf, dass Israel die
Blockade der Hilfslieferungen beenden werde. Die EU-Staaten würden
ein starkes Zeichen senden wollen, dass das Leid der Zivilbevölkerung
ein Ende haben müsse.
Israel kritisierte die Entscheidung. Ein Sprecher des israelischen
Außenministeriums warnte, die Kritik an Israel werde die Position der
Hamas in den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter
verhärten. Die Hamas habe Israel den Krieg aufgezwungen.
Lob des «längst überfälligen und notwendigen» Schritts kam vom
Außenministerium der gemäßigten Palästinensische Autonomiebehörde
(PA) in Ramallah. Die Behörde wirft Israel unter anderem
schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte in den
Palästinensergebieten vor. Die PA wird von der Fatah dominiert. Die
Fatah und die Hamas sind die beiden größten
Palästinenserorganisationen - und erbitterte Rivalen.
Intensive Diskussionen über das Partnerschaftsabkommen mit Israel
hatte es in der EU bereits im vergangenen Jahr gegeben. Sie waren von
Spanien und Irland ausgegangen.