Bundesregierung uneins im Umgang mit Atomkraft auf EU-Ebene
23.05.2025 12:32
Wie verhält sich Deutschland zu Frankreichs Pro-Atom-Kurs auf
europäischer Ebene? Der Umweltminister hat eine klare Haltung. Die
ist aber nicht die der Regierung insgesamt.
Berlin (dpa) - In der Bundesregierung bahnt sich ein handfester
Streit an um die Frage, ob Atomkraft auf EU-Ebene als nachhaltig
eingestuft werden soll. «Dazu laufen Gespräche auf europäischer Ebene
mit unseren europäischen Partnern, mit der Europäischen Kommission
und auch innerhalb der Bundesregierung», sagte der stellvertretende
Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin.
Zuvor hatte Bundesumweltminister Carsten Schneider erklärt,
Deutschland lehne diese Einstufung weiterhin ab. «Äußerungen von
einzelnen Mitgliedern der Bundesregierung, es gäbe hier eine neue
Offenheit, sind Privatmeinungen», sagte der SPD-Politiker der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Eine Positionierung der
Bundesregierung gibt es nicht und wird es mit der SPD auch künftig
nicht geben.»
Deutsch-französisches Papier wäre Kurswechsel
In einem Anfang des Monats veröffentlichten gemeinsamen Papier der
Regierungen in Paris und Berlin heißt es, man werde einen
deutsch-französischen Neustart in der Energiepolitik durchführen,
«der auf Klimaneutralität, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität
beruht». Das bedeute etwa, die Gleichbehandlung auf EU-Ebene aller
emissionsarmer Energien sicherzustellen. Auch Kernenergie, die in
Frankreich eine wichtige Rolle spielt, gilt als emissionsarm.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte dazu am
Donnerstag in Brüssel erklärt, man müsse technologieoffen sein.
Schneider: Atomkraft birgt unkalkulierbare Risiken
Schneider betonte hingegen, Deutschland habe sich aus guten Gründen
für ein Energiesystem ohne Atomkraft entschieden. «Die Atomkraft ist
deutlich teurer als die erneuerbaren Alternativen, bei deren Ausbau
Deutschland bereits weit vorangekommen ist und die auch
wirtschaftlich ein erfolgreicher Standortfaktor sind. Atomkraft
bringt unkalkulierbare Risiken mit sich - mit Blick auf Unfälle und
die Verbreitung radioaktiven Materials. Ich kann eine solche
Technologie nicht ernsthaft als nachhaltig bezeichnen.»
Die Finanzierung von Atomanlagen aus EU-Mitteln lehne Deutschland ab,
erklärte Schneider. «Das gilt auch für Versuche, Atomstrom mit
nachhaltiger Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie gleichzusetzen.»