Neue Eskalation: Trump droht EU mit Zöllen von 50 Prozent Von Julia Naue und Ansgar Haase, dpa
23.05.2025 21:00
Die Europäische Union und die USA verhandeln seit Wochen über eine
Lösung im eskalierenden Zollstreit. Nun erhöht US-Präsident Trump den
Druck und überrascht mit einer drastischen Drohung.
Washington/Brüssel (dpa) - Im Handelsstreit mit der Europäischen
Union setzt US-Präsident Donald Trump auf maximale Konfrontation und
droht mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent. Er «empfehle», dass d
ie
Abgabe für Waren aus der EU am 1. Juni in Kraft trete, schrieb der
Republikaner auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. Ausgenommen
seien Produkte, die in den USA hergestellt würden, fügte er hinzu.
Der US-Präsident begründete den drastischen Schritt mit
festgefahrenen Verhandlungen. Von der EU gab es zunächst keine
offizielle Reaktion auf die Ankündigung aus Washington. Der Dax
sackte auf den tiefsten Stand seit zwei Wochen ab.
Ist Trumps Drohung nur Verhandlungstaktik?
Ob die von Trump angedrohten Strafzölle in Höhe von 50 Prozent ab
Juni wirklich in Kraft treten, ist unklar. Trump hat in der
Vergangenheit regelmäßig hohe Zöllen angekündigt - und im Anschluss
eine Kehrtwende vollzogen. Häufig dienen Trumps Zolldrohungen als
Druckmittel, um in Verhandlungen Zugeständnisse zu erzwingen. Gerade
erst haben die USA mit Großbritannien einen Handelspakt geschlossen,
um hohe Zölle abzuwenden. Auch mit China hat die US-Regierung eine
Senkung der gegenseitigen Zölle ausgehandelt.
Nach seiner neuerlichen Drohung gab er sich allerdings wenig
kompromissbereit. «Ich bin nicht auf der Suche nach einem Deal»,
sagte er in der US-Hauptstadt. Die USA hätten den Deal festgelegt, er
laute: Zölle in Höhe von 50 Prozent. «Aber noch einmal: es gibt
keinen Zoll, wenn sie ihre Fabriken hier bauen.» Wenn sich jemand
dazu entscheide, eine Fabrik in den USA zu bauen, sei er bereit über
eine «kleine Verzögerung» zu sprechen, führte Trump weiter aus. Man
werde sehen, was passiere, aber aktuell gehe er davon aus, dass die
angedrohten Zölle am 1. Juni in Kraft treten würden.
Am späten Freitagnachmittag sollte es ein Telefonat zwischen dem
US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer und EU-Handelskommissar Maros
Sefcovic geben. Wie eine Sprecherin der Europäischen Kommission
mitteilte, war das Gespräch allerdings bereits vor der neuen
Nachricht von Trump geplant. Demnach stellt sich die Frage, ob der
US-Präsident mit der Drohung womöglich nur Druck machen will. Beide
Seiten hatten nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in den
vergangenen Tagen Positionspapiere ausgetauscht. Bei dem Gespräch
zwischen Greer und Sefcovic sollte es nun um mögliche nächste
Schritte gehen.
Trump vollzog bereits vor einigen Wochen Kehrtwende
Trump hatte Anfang April mit der Ankündigung neuer Zölle auf Importe
aus aller Welt Handelspartnern den Kampf angesagt. Nach großen
Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten entschied er aber
überraschend, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten
Zöllen zu gewähren. Dieses Zeitfenster soll für Verhandlungen genutzt
werden. Die EU hatte damals ebenfalls angekündigt, geplante
Gegenzölle auf US-Produkte vorerst für 90 Tage auszusetzen. Dieses
Zeitfenster soll für Verhandlungen genutzt werden. Als Frist galt
bisher der Monat Juli.
Die US-Regierung erhebt allerdings weiter einen pauschalen Zollsatz
von 10 Prozent auf nahezu alle Einfuhren, einschließlich solcher aus
der EU. Hinzu kommen branchenspezifische Zölle - etwa auf Autos sowie
Stahl und Aluminium.
EU setzt auf Abkommen als Lösung im Streit
Um den aktuellen Handelsstreit zu entschärfen, hat die EU den USA
bereits eine Vereinbarung zur gegenseitigen Aufhebung aller Zölle auf
Industriegüter angeboten. Die Trump-Regierung ist darauf bislang aber
nicht eingegangen.
Neben Zolldeals gelten neue Abkommen als Option. Nach Einschätzung
der EU-Kommission könnten die EU und Trump etwa einen neuen Deal zum
Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssiggas (LNG) schließen. Zudem
wäre es möglich, mehr Militärtechnik und Agrargüter zu importieren,
um das US-Handelsdefizit mit der EU abzubauen.
Die EU sieht Trumps Zölle als nicht gerechtfertigt und unvereinbar
mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) an. Sie betont, dass
sie entschiedene Maßnahmen gegen US-Zölle einführen wird, sollten die
Verhandlungen scheitern. Dazu sollen unter anderem Gegenzölle
gehören.
Ministerin Reiche: «Brauchen mehr Handel, nicht weniger»
In Deutschland hofft man weiter auf eine Verhandlungslösung.
«Zollkonflikte kennen keine Sieger. Wir müssen alles dafür tun, dass
die Europäische Kommission mit den USA zu einer Verhandlungslösung
kommt. Zölle schaden den USA und der EU gleichermaßen», teilte
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) mit. «Wir brauchen mehr
Handel, nicht weniger.»
Trump hatte sich zuletzt eigentlich optimistisch gezeigt, mit den
Europäern eine Lösung zu finden. Umso überraschender ist daher seine
50-Prozent-Zolldrohung. Die Europäische Union sei in erster Linie zu
dem Zweck gegründet worden, die USA im Bereich des Handels zu
übervorteilen, monierte Trump nun auf Truth Social. Er kritisierte
«mächtige Handelsschranken, Mehrwertsteuern, lächerliche
Unternehmensstrafen, nicht-monetäre Handelshemmnisse,
Währungsmanipulationen, unfaire und ungerechtfertigten Klagen gegen
amerikanische Unternehmen und vieles mehr».
Zölle sind auch für Trump riskantes Spiel
Regelmäßig wirft er den Europäern vor, die USA «abzuzocken» und w
ill
mit höheren Zöllen auf Einfuhren in die Vereinigten Staaten mehr
Gleichgewicht im Welthandel erzwingen. Ob diese Strategie aufgeht,
ist offen. Auch innenpolitisch sind die Zölle riskant für den
Republikaner, denn sie könnten die Preise in die Höhe treiben. Ein
Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Die Abgabe muss vom
importierenden Unternehmen an den Staat gezahlt werden - in diesem
Fall also von Firmen in den USA. Es gilt als wahrscheinlich, dass die
importierenden Unternehmen die höheren Kosten an die Verbraucher
weitergeben.
Kurz vor seiner Drohung gegen die EU setzte der US-Präsident auch
einen Beitrag ab, der sich an Apple richtete - auch hier ging es um
Zölle. Er habe Apple-Chef Tim Cook schon vor langer Zeit darüber
informiert, dass er erwarte, dass iPhones, die in den USA verkauft
würden, in den USA hergestellt und gebaut würden, «nicht in Indien
oder sonst wo», schrieb Trump. «Wenn das nicht der Fall ist, muss
Apple einen Zoll von mindestens 25 Prozent an die USA zahlen.»