«Ziemlich gefährlich» - Kreml reagiert auf Merz-Äußerung
26.05.2025 19:55
Kanzler Scholz war stets zurückhaltend, was den Einsatz westlicher
Waffen gegen russisches Territorium angeht. Sein Nachfolger Merz
schlägt nun einen anderen Ton an.
Berlin (dpa) - Für die von Deutschland an die Ukraine gelieferten
Waffen gelten nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
keine Beschränkungen mehr, was die Reichweite und damit den Einsatz
gegen russisches Territorium angeht. «Es gibt keinerlei
Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine
geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen,
noch von uns, von den Amerikanern auch nicht», sagte Merz beim
WDR-Europaforum in Berlin. Das hieße, die Ukraine könne sich jetzt
«auch verteidigen, indem sie zum Beispiel militärische Stellungen in
Russland angreift. Das konnte sie bis vor einiger Zeit nicht».
Vorgänger Scholz war gegen Ende der Reichweitenbegrenzung
Mit dieser Äußerung hebt sich Merz vom Kurs seines Vorgängers Olaf
Scholz (SPD) ab. Der hatte zwar im vergangenen Jahr den Einsatz
deutscher Waffen wie den Mehrfachraketenwerfer Mars II gegen
Stellungen auf russischem Territorium für die Region um die umkämpfte
Großstadt Charkiw erlaubt. Er hatte sich in der Folge aber gegen eine
darüber hinausgehenden Aufhebung der Einsatzbeschränkungen
ausgesprochen.
Klingbeil: «Da gibt es keine neue Verabredung»
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) widersprach allerdings dem Eindruck,
dass es einen Kurswechsel gebe. «Was die Reichweite angeht, will ich
noch sagen, da gibt es keine neue Verabredung, die über das
hinausgeht, was die bisherige Regierung gemacht hat», sagte er auf
Nachfrage bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Kreml-Sprecher: «Ziemlich gefährliche Entscheidungen»
Auch der Kreml reagierte auf die Merz-Äußerung. Dies seien «ziemlich
gefährliche Entscheidungen, wenn es sie gegeben hat», sagte
Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Deutsche Waffen reichen nicht weiter als 85 Kilometer
Der Raketenwerfer Mars II mit einer Reichweite von etwa 85 Kilometern
und die Panzerhaubitze 2000 mit einer Reichweite von etwa 35
Kilometern sind die einzigen deutschen Waffen, mit denen die
ukrainische Armee Ziele hinter der Frontlinie treffen kann.
Den Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern,
mit dem selbst Moskau erreicht werden könnte, hat Berlin bisher nicht
geliefert. Die USA, Frankreich und Großbritannien haben den
ukrainischen Streitkräften dagegen Raketen mit einer Reichweite von
teilweise mehr als 250 Kilometern zur Verfügung gestellt, die
Medienberichten zufolge schon gegen russisches Territorium eingesetzt
worden sein sollen.
Merz: Putin verstehe Gesprächsangebot wohl als Schwäche
Merz warf Russland auch vor, rücksichtslos zivile Ziele anzugreifen
und Städte zu bombardieren. Das tue die Ukraine nicht, das solle auch
so bleiben. «Aber ein Land, das sich nur im eigenen Territorium einem
Angreifer entgegenstellen kann, verteidigt sich nicht ausreichend.»
Der Linken-Politiker Sören Pellmann äußerte sich besorgt über Merz'
Äußerungen: «Dass es jetzt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr
für an die Ukraine gelieferte Waffen gibt, wird den Kriegsverlauf
leider nicht ändern, sondern kann zu einer weiteren Eskalation
führen.» BSW-Chefin Sahra Wagenknecht kritisierte ebenfalls, dies
könne «in letzter Konsequenz den Krieg nach Deutschland holen».