Hin und Her um Trumps Zölle vor Gericht - Was bedeutet das?
29.05.2025 22:24
Erst stuft ein Handelsgericht weite Teile von Trumps Zöllen als
rechtswidrig ein, dann nimmt ein anderes Gericht diese Entscheidung
zurück. Wie geht es weiter?
Brüssel/Washington (dpa) - Es sieht zunächst nach einer herben
Niederlage für US-Präsident Donald Trump aus: Ein Bundesgericht in
den USA hat seiner Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende
Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Doch noch
während die US-Regierung empört protestiert, ist die Lage schon
wieder ganz anders. Zumindest vorerst.
Um welche Zölle geht es vor Gericht?
Die Entscheidung, die zunächst das Gericht für internationalen Handel
in New York bekanntgab und die dann ein Berufungsgericht revidierte,
betrifft die meisten Zölle, die von Trumps Regierung erlassen oder
vorübergehend ausgesetzt wurden. Sie umfasst die Strafabgaben, die
der Republikaner am von ihm so bezeichneten «Tag der Befreiung»
Anfang April verhängt hatte.
Trump verhängte damals sogenannte wechselseitige Zölle, die er mit
dem US-Defizit im Handel mit dem jeweiligen Staat begründete - setzte
diese aber wegen der Talfahrt an den Finanzmärkten vorläufig wieder
aus. Gleichzeitig verhängte er universelle Zölle in Höhe von 10
Prozent, die Waren aus fast aller Welt betreffen. Ebenfalls gelten
bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China.
Nicht betroffen sind dagegen Zölle, die die Regierung unter Berufung
auf einen anderen gesetzlichen Rahmen als das Notstandsgesetz
erlassen hat - beruhend auf Paragraf 232 des «Trade Expansion Acts»
aus dem Jahr 1962. Dazu zählen Trumps Zölle auf bestimmte Produkte
wie Stahl, Aluminium und Autos sowie Abgaben auf Produkte wie
Arzneimittel und Halbleiter, die die US-Regierung angedroht hat. Auch
hier beruft sich Trump auf die nationale Sicherheit.
Wie ist die Lage?
Das zuständige Gericht für internationalen Handel in New York ordnete
an, die betreffenden Zölle müssten vorerst «aufgehoben und ihre
Anwendung dauerhaft untersagt» werden. Das hieß aber nicht, dass die
Zölle damit direkt außer Kraft gesetzt wurden - es gab eine
mehrtägige Frist für die Trump-Regierung, der Entscheidung Folge zu
leisten. Diese Frist ist nun wohl mit dem Einschreiten des
Berufungsgerichts Makulatur. Es ist allerdings nicht der einzige
laufende Rechtsstreit um Trumps Zölle.
Was macht Trump?
Die ursprüngliche Entscheidung des New Yorker Gerichts sei ein Schlag
für die Handelsagenda Trumps, aber «nicht das letzte Wort», zitierte
die «New York Times» den Handelsanwalt Ted Murphy. Tatsächlich ging
die US-Regierung umgehend gegen die Entscheidung des Handelsgerichts
vor - mit Erfolg.
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt schimpfte wie schon in früheren
Fällen laut über die Richter in New York, die «schamlos ihre
richterliche Macht missbraucht» hätten, um Entscheidungen von
Präsident Trump an sich zu reißen.
Aber auch die Anordnung des Berufungsgerichts, das die Blockade der
Zölle nun aufhob, dürfte noch längst nicht das letzte Wort sein.
Letztlich könnte der Fall vor dem Obersten US-Gericht - dem Supreme
Court - landen. Hier hat Trump die Mehrheit während seiner ersten
Amtszeit aufgrund mehrerer Nachbesetzungen weit nach rechts
verschoben.
Trump kann zudem versuchen, die Zölle auf Grundlage eines anderen
gesetzlichen Rahmens zu verhängen. Trumps Sprecherin deutete an, dass
dies eine Option für den Republikaner sei. Sollte er dies tun, ist es
wahrscheinlich, dass dagegen wieder geklagt wird. Die Unsicherheit
für Handelspartner, Verbraucher und Märkte dürfte also absehbar
bestehen bleiben. Wie groß sie ist, zeigt die Entwicklung im Dax: Der
deutsche Leitindex reagierte auf das erste Urteil gegen Trumps
Zollpolitik kaum und schloss schließlich leicht im Minus.
Was bedeutet die Entwicklung für den Handelsstreit mit der EU?
«Für die EU und andere Exporteure bietet das Urteil keinen Anlass zur
Beruhigung», hatte Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft
und Politik schon nach dem ersten Urteil betont. Sie verweist auf
andere Gesetze neben dem Notstandsgesetz, die Trump nutzen könnte, um
Zölle zu verhängen. «Dafür muss er den Kongress zwar beteiligen und
die Umsetzung dauert dann etwas länger», führt sie aus. Einmal
eingeführt, würden die Zölle dann aber über viele Jahre erhalten
bleiben.
Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael
Hüther, betont: «Gewiss ist, dass die Ungewissheit hoch bleibt.» Den
Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Hüther, es bleibe ein
«Vertrauensschaden, den die Handelspolitik im Zusammenspiel mit
fragwürdig gewordenen Sicherheitsversprechen und Spekulationen über
die Rolle des US-Dollar als Weltwährung angerichtet hat». Deutschland
und Europa müssten sich auf die eigenen Stärken besinnen.
Wie reagieren Deutschland und die EU?
Sowohl die Bundesregierung als auch die EU äußerten sich bisher
zurückhaltend. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums teilte
in Berlin mit, man könne laufende gerichtliche Verfahren in den USA
nicht kommentieren. «Wir setzen weiter darauf, dass eine für beide
Seiten gute Lösung in den Verhandlungen zwischen der EU-Kommission
und der US-Regierung erzielt werden kann», hieß es.
Die für Handelspolitik zuständige EU-Kommission wollte den Fall
ebenfalls zunächst nicht kommentieren. Sie verhandelt derzeit mit der
US-Regierung über einen möglichen Deal zur gegenseitigen Aufhebung
von Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen.