Trumps neue Stahlzoll-Ankündigung: Eine Provokation zu viel? Von Ansgar Haase und Franziska Spiecker, dpa
31.05.2025 15:00
Mitten in den laufenden Handelsgesprächen mit der EU kündigt
US-Präsident eine Verdoppelung von Stahl- und Aluminiumzöllen auf 50
Prozent an. Für die Europäer stellt sich nun eine brisante Frage.
Brüssel/Washington (dpa) - In der EU gab es zuletzt Hoffnung, eine
weitere Eskalation des Zollkonflikts mit den USA doch noch abwenden
zu können. Mitten in den laufenden Verhandlungen kündigt nun aber
US-Präsident Donald Trump eine Verdopplung der bereits bestehenden
Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 auf 50 Prozent an.
Ist damit ein echter Handelskrieg programmiert? Fragen und Antworten
im Überblick:
Warum überrascht die neue Ankündigung?
Vor allem, weil es zuletzt so aussah, dass auch Donald Trump an einer
einvernehmlichen Lösung des Handelskonflikts interessiert sein
könnte. Nachdem Trump der EU Ende vergangener Woche noch einmal für
Anfang Juni eine neue drastische Zollerhöhung angedroht hatte, ließ
er sich Sonntag darauf erstmals auf ein Gespräch mit
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein. Im Anschluss zog
Trump die Drohung wieder zurück und machte deutlich, dass bis zum 9.
Juli verhandelt werden soll. Mit dem guten Gespräch gebe es nun neuen
Schwung, hieß es aus der EU-Kommission.
Seitdem gab es mehrere Telefonate zwischen den Handelsbeauftragten
beider Seiten. Zuletzt telefonierte am Freitag EU-Handelskommissar
Maros Sefcovic mit US-Handelsminister Howard Lutnick.
Wie reagiert die EU auf die neue Ankündigung?
Die für die Zollverhandlungen zuständige EU-Kommission zeigte sich am
Samstag zutiefst verärgert. Die Erhöhung der Zölle untergrabe die
laufenden Bemühungen, eine Lösung des Streits am Verhandlungstisch zu
erzielen, erklärte ein Sprecher. Die EU sei bereit, Gegenmaßnahmen zu
ergreifen. Die Reaktion könne - wenn es die Umstände nötig machten -
auch bereits vor dem Monat Juli geschehen.
Wie könnte eine schnelle Antwort der EU aussehen?
Die Regierungen der EU-Staaten hatten bereits im April den Weg für
erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent als Reaktion auf die von
US-Präsident Donald Trump angeordneten neue Zölle freigemacht. Diese
könnten theoretisch umgehend in Kraft gesetzt werden und unter
anderem in den USA produzierende Hersteller von Jeans, Motorrädern,
Rindfleisch oder Zitrusfrüchten treffen. An weiteren Maßnahmen wird
gearbeitet. Erwogen werden weitere Zusatzabgaben auf Industrie- und
Agrarprodukte wie Autos, Süßkartoffeln und Whiskey.
Was will Trump mit den Zöllen erreichen?
Der US-Präsident will mit den Zöllen angebliche
Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktionsstandorte in den
USA sichern. Die zusätzlichen Gebühren für Importe würden die
US-Stahlindustrie stärken, sagte er am Freitag in einer Rede vor
Mitarbeitern eines Stahlbetriebs im Bundesstaat Pennsylvania.
Der Präsident des Amerikanischen Eisen- und Stahlinstituts, Kevin
Dempsey, begrüßt die Verdopplung der Sonderzölle auf Stahlimporte.
Die chinesischen Stahlexporte hätten sich seit 2020 mehr als
verdoppelt, teilte er mit. In Anbetracht dieser schwierigen
internationalen Bedingungen, «wird diese Zollmaßnahme dazu beitragen,
einen neuen Anstieg der Importe zu verhindern, der den amerikanischen
Stahlproduzenten und ihren Beschäftigten schaden würde».
Die Zolleinnahmen sollen auch dazu dienen, Trumps teures
Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise
gegenzufinanzieren. Formell werden die bereits geltenden Sonderzölle
auf die Einfuhr von Stahl, Aluminium und Autos von der US-Regierung
mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet. Aus Sicht der EU
sind das Vorgehen und die Argumentation allerdings nicht vereinbar
mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).
Was für Konsequenzen könnten die Zölle für die EU haben?
Die europäische Stahlindustrie befürchtete bereits Anfang des Jahres,
dass wegen neuer US-Zölle weitere Produktionskapazitäten und
Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Demnach waren die USA 2024 der
zweitgrößte Exportmarkt für die europäischen Stahlproduzenten. Sie
machten damals nach Angaben des Verbands der europäischen
Stahlindustrie (Eurofer) 16 Prozent der gesamten EU-Stahl-Exporte
aus.
Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel äußerte sic
h
damals hingegen vergleichsweise gelassen. Das Unternehmen in Essen
verwies darauf, dass sein Hauptmarkt für Stahl Europa ist. Der Export
an Stahlprodukten in die USA sei vernachlässigbar gering, hieß es.
Kann die EU Trump beim Thema Stahl entgegenkommen?
Theoretisch könnten sich die EU und die USA darauf verständigen,
gemeinsam gegen durch massive Subventionen getriebene Überkapazitäten
auf dem Weltmarkt anzugehen. Für diese wird vor allem China
verantwortlich gemacht. Auch Unternehmen aus der EU leiden enorm
unter Preisdumping. Die Europäische Kommission hat deswegen ein
System von Schutzmaßnahmen für die heimische Stahlindustrie
geschaffen. Dieses wurde zuletzt im Frühjahr noch einmal
nachgeschärft.