EU hofft trotz verdoppelter US-Zölle auf Verhandlungslösung
04.06.2025 17:01
Trump verschärft seine Handelspolitik: Abgaben auf Stahl und
Aluminium steigen deutlich, mit Folgen für internationale Partner wie
Deutschland. Vertreter der EU und USA geben sich aber optimistisch.
Washington/Paris (dpa) - EU-Chefverhandler Maros Sefcovic hofft im
Zollstreit mit den USA weiter auf eine baldige Lösung, auch wenn
Washington jüngst den Druck erneut erhöht hat. Der für Handel
zuständige EU-Kommissar Sefcovic teilte nach einem Treffen mit dem
US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer in Paris mit: «Wir gehen mit
Tempo in die richtige Richtung.» Er sprach von einer produktiven und
konstruktiven Diskussion. Auch Greer äußerte sich positiv.
Die EU habe den Vereinigten Staaten einen glaubwürdigen Ausgangspunkt
für die Handelsgespräche geliefert, «und ich freue mich, dass die
Verhandlungen rasch vorankommen», teilte Greer nach dem Treffen mit
dem Europäer mit. Das Gespräch in Paris sei sehr konstruktiv gewesen
und zeige die Bereitschaft der EU, mit den USA an einer Lösung zu
arbeiten.
Dabei war am Morgen europäischer Zeit eine weitere Eskalation im
Streit in Kraft getreten: Eine von US-Präsident Donald Trump
angekündigte Verdopplung der Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium.
Seitdem gilt für Importe in die USA ein Satz von 50 Prozent - zuvor
waren es 25 Prozent gewesen.
Eskalation hat EU-Kommissar überrascht
Vor Journalisten sagte Sefcovic, dass die Verdoppelung eine
Überraschung gewesen sei. Er habe Greer gesagt, dass die EU diese
Entwicklung bedauere und «dies den laufenden Verhandlungen eindeutig
nicht zuträglich ist». Die EU exportiere hoch spezialisierten Stahl,
der wichtig für die US-Industrie sei. Entsprechend sind die neusten
Zölle laut EU auch schlecht für US-Unternehmen und Verbraucher.
Die aggressive US-Handelspolitik bereitet aber auch deutschen Firmen
Kopfschmerzen. «Was wir derzeit beobachten, ist eine regelrechte
Zickzack-Politik der US-Regierung. Das schürt Unsicherheit, hemmt
Investitionen und verunsichert selbst langjährig etablierte
Unternehmen», sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie-
und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, in Berlin.
Er bezog sich auf eine internationale Befragung von 4.600 deutschen
Unternehmen im März und April, darunter mehr als 100 mit Standorten
in den USA: Nur noch 14 Prozent der befragten deutschen Unternehmen
in den USA rechnen mit einer konjunkturellen Verbesserung in den
kommenden zwölf Monaten - im Herbst 2024 lag dieser Wert bei 38
Prozent.
Trump will mehr Vorteile für die USA
Trump will mit den Zöllen nach eigenen Angaben
Handelsungleichgewichte korrigieren und die heimische Industrie
stärken. Die Erhöhung der Abgaben auf Stahl und Aluminium dürfte
Importe erschweren und zu höheren Preisen führen. Ökonomen erwarten
spürbare Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher - etwa
beim Kauf von Autos, Küchengeräten oder Konserven.
Die USA waren Stand 2024 nach der EU der weltweit größte
Stahlimporteur. Wichtigste Herkunftsländer sind laut US-Regierung
Kanada, Brasilien und Mexiko - unter den zehn größten Exporteuren in
die USA ist auch Deutschland. Nach Angaben des deutschen
Branchenverbands Wirtschaftsvereinigung Stahl sind die USA der
wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. Aluminium
beziehen die USA vor allem aus Kanada, den Vereinigten Arabischen
Emiraten, China und Südkorea.
Trump hat bereits zahlreiche Zölle verhängt oder angedroht, um aus
seiner Sicht vorteilhaftere Handelsvereinbarungen zu erzwingen.
Einige davon wurden juristisch angefochten - die neuen Abgaben auf
Stahl und Aluminium sind davon aber nicht betroffen.
Wie reagiert Europa?
Unklar ist bislang, wie die EU reagieren wird. Die EU-Kommission
hatte Trumps Ankündigung am Wochenende scharf kritisiert und eine
Reaktion noch vor dem Sommer angedroht. Chefverhandler Sefcovic
bekräftigte in Paris, dass es Gegenmaßnahmen geben werde, sollte es
zu keiner Verhandlungslösung kommen. Als Affront wird das Vorgehen
vor allem wegen der zuletzt intensivierten Verhandlungen um eine
Beilegung des Handelsstreits gewertet.
Sollte Trump bei den verdoppelten Zöllen auf Stahl- und
Aluminiumimporte bleiben, könnte die EU kurzfristig Gegenzölle
verhängen. Die Mitgliedstaaten hatten bereits im April den Weg dafür
freigemacht. Zusätzliche Abgaben könnten unter anderem US-Produkte
wie Jeans, Motorräder, Rindfleisch oder Zitrusfrüchte treffen. Auch
Maßnahmen auf Industrie- und Agrargüter wie Autos, Süßkartoffeln un
d
Whiskey werden erwogen.
USA auch mit China im Clinch
Neben der EU hat Trump auch den Druck auf China erhöht. Er möge den
chinesischen Präsidenten Xi Jinping zwar, schrieb er auf seiner
Plattform Truth Social. «Aber er ist sehr hartnäckig, und es ist
extrem schwer, einen Deal mit ihm zu machen», hieß es darin weiter.
Zuletzt machten sich beide Seiten Vorwürfe, Abmachungen nicht
eingehalten zu haben oder weiter Beschränkungen zu erlassen. Zwischen
den beiden größten Volkswirtschaften der Welt herrscht nach einer
Einigung Mitte Mai zwar eine Pause im zuvor heißgelaufenen
Zollstreit. Doch zuletzt hatten die USA zum Ärger Pekings die
Lieferung wichtiger Turbinenteile nach China blockiert und versucht,
Chinas Zugang zu wichtiger Chip-Technologie einzuschränken.
Worauf Trump mit dem jüngsten Beitrag in seinem Netzwerk reagierte,
war zunächst nicht klar. Das Weiße Haus hat in Aussicht gestellt, er
und Xi könnten diese Woche noch telefonieren.