Massiver russischer Angriff auf Ukraine - Tote und Verletzte
06.06.2025 05:49
Meldungen über Attacken mit Drohnen und Marschflugkörpern in der
Ukraine deuten auf einen erwarteten Vergeltungsschlag Russlands hin.
Fast zeitgleich laufen EU-Hilfen für das angegriffene Land aus.
Kiew (dpa) - Russland hat die Ukraine in der Nacht mit einer
ungewöhnlich heftigen Welle von Drohnenangriffen und
Marschflugkörpern attackiert. Mehrere Nachrichtenportale berichteten
von massiven Angriffen auf die Hauptstadt Kiew sowie auf anderen
größere Städte und Regionen im Westen des Landes. In Kiew seien
mindestens vier Menschen getötet und 20 weitere verletzt worden,
meldete das Portal «The Kyiv Independent» unter Berufung auf
Bürgermeister Vitali Klitschko. In allen Regionen der Ukraine sei
Luftalarm ausgelöst worden.
Die ukrainische Luftwaffe warnte den Angaben zufolge, dass mehrere
russische Bomber gestartet seien und wahrscheinlich bereits
Marschflugkörper abgeschossen hätten. In mehreren Städten seien
Explosionen gemeldet worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht
unabhängig überprüfen.
Infolge der Angriffe brachen in Kiew mehrere Feuer in Wohnhäusern
aus, auch andere zivile Infrastruktur sei in Flammen aufgegangen,
berichtete der «Kyiv Independent». Neben Explosionen seien in
mehreren Stadtteilen herabfallende Trümmer gemeldet worden. Nach
Angaben der Militärverwaltung könne es im östlichen Teil Kiews zu
Notstromausfällen kommen.
Russland schwor Vergeltung
Unklar war zunächst, ob es sich um den erwarteten großangelegten
Vergeltungsangriff Russlands nach dem ukrainischen Schlag gegen die
russische Bomberflotte am vergangenen Wochenende handelt.
Bei dem Überraschungsangriff hatte der ukrainische Geheimdienst nach
monatelanger Vorbereitung mehrere russische Militärflugplätze
attackiert, von denen zuvor regelmäßig Kampfflugzeuge zu Angriffen
gegen die Ukraine gestartet waren. Der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj feierte den Angriff seines Geheimdienstes SBU als
«absolut brillanten Erfolg». Es sei die weitreichendste Operation der
Ukraine im bisherigen Kriegsverlauf gewesen.
Vom SBU hieß es, insgesamt seien bei den Angriffen, darunter sogar
einer bei Irkutsk im fernen Sibirien, mehr als 40 Maschinen im
Gesamtwert von sieben Milliarden Dollar (6,1 Milliarden Euro)
zerstört worden. Russland habe damit 34 Prozent seiner strategischen
Bomberflotte verloren, die Marschflugkörper absetzen können.
Anhand veröffentlichter US-Satellitenbilder ließ sich diese hohe Zahl
nicht bestätigen. Die Aufnahmen zeigen aber mehrere zerstörte oder
zumindest beschädigte Kampfbomber der Typen Tupolew Tu-95 und Tu-22.
Moskau hat diese Flugzeuge für konventionelle Angriffe auf die
Ukraine eingesetzt; sie gehörten aber auch zur luftgestützten
nuklearen Abschreckung Russlands.
Das russische Militär sprach lediglich von ein paar beschädigten
Flugzeugen bei Murmansk und Irkutsk und bezeichnete die Angriffe als
Terrorakt.
Trump als Putins Sprachrohr
Der Kreml hüllte sich nach der für ihn peinlichen Attacke auf eigenem
Boden zunächst in Schweigen. Putins Verärgerung wurde dann zuerst
durch US-Präsident Donald Trump publik. Nach dessen Telefonat mit dem
Kremlchef sagte Trump, Putin habe «sehr deutlich gesagt», dass er auf
die Angriffe der Ukraine reagieren müsse.
Später kündigte auch Kremlsprecher Dmitri Peskow indirekt Vergeltung
für die Schläge gegen die Bomberflotte an. Er sagte, Russlands
Antwort werde zu einem Zeitpunkt und mit den Mitteln erfolgen, die
«unsere Militärs für notwendig erachten».
EU-Handelshilfen für Ukraine ausgelaufen
Praktisch zeitgleich zu den russischen Angriffen liefen in der Nacht
Handelserleichterungen der EU für die Ukraine aus, mit denen das Land
drei Jahre lang unterstützt wurde. Um Mitternacht mitteleuropäischer
Zeit traten nach Angaben der EU-Kommission Übergangsregeln in Kraft,
die gelten sollen, bis Verhandlungen über ein neues Handelsabkommen
abgeschlossen sind.
Rund 100 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf das
Nachbarland im Jahr 2022 waren in die EU eingeführte ukrainische
Waren von Zöllen befreit worden. Damit wollten Kiews europäische
Unterstützer die Wirtschaft des Landes stärken. Vergangenes Jahr
wurden die Maßnahmen noch verlängert, aber gleichzeitig strengere
Vorgaben für bestimmte Lebensmittelimporte in die EU eingeführt. Die
Unterstützung durch Zollbefreiung war vielen Bauern, vor allem im
Osten der EU, aus Wettbewerbsgründen ein Dorn im Auge.