EU-Spitzen verurteilen US-Sanktionen gegen Weltstrafgericht

06.06.2025 13:56

Die US-Regierung sanktioniert wegen angeblich grundloser
Entscheidungen Richterinnen des Weltstrafgerichts. In Brüssel ist man
entsetzt und will mögliche Reaktionen prüfen.

Brüssel (dpa) - Spitzenvertreter der EU haben scharfe Kritik an den
US-Sanktionen gegen vier Richterinnen des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH) geübt. Der IStGH ziehe die Täter der
weltweit schwersten Verbrechen zur Rechenschaft und gebe den Opfern
eine Stimme, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
in sozialen Medien. Er müsse frei handeln können, ohne unter Druck zu
stehen.

Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Sie
schrieb, die EU werde die wichtige Arbeit IStGH weiter unterstützen
und seine Unabhängigkeit schützen. Eine Sprecherin sagte, man werde
die Auswirkungen der Sanktionsentscheidung beobachten und mögliche
Reaktionen prüfen.

Dazu könnte etwa die Anwendung der sogenannten Blocking-Verordnung
zählen. Über diese könnten europäische Unternehmen dazu gebracht
werden, an der Umsetzung von US-Sanktionen nicht mitzuwirken. 

Die US-Regierung wirft dem Gericht mit Sitz in Den Haag ein
grundloses und gezieltes Vorgehen gegen die USA und Israel vor. Zwei
sanktionierten Richterinnen legt Washington konkret zur Last, eine
Untersuchung gegen US-Soldaten in Afghanistan genehmigt zu haben. Den
zwei anderen Richterinnen werfen die USA vor, dass sie im
Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg Haftbefehle gegen den israelischen
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den früheren
Verteidigungsminister Joav Galant ermöglicht haben.

Aufgrund der Sanktionen wird etwaiger Besitz der Richterinnen in den
USA eingefroren. Zudem dürfen US-Firmen und US-Bürger keine Geschäfte

mehr mit ihnen machen. Ein Einreiseverbot erließ die US-Regierung
hingegen nicht.

Gericht verfolgt schwerste Verbrechen

Die betroffenen Richterinnen sind die ugandische Richterin Solomy
Balungi Bossa, die Peruanerin Luz del Carmen Ibáñez Carranza, die aus
Benin stammende Reine Alapini-Gansou sowie die aus Slowenien
stammende Richterin Beti Hohler. 

Das Gericht verfolgt seit 2002 schwerste Verbrechen wie Völkermord,
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alle
EU-Staaten gehören ihm an; die USA, Israel und auch Russland sind
keine Vertragsstaaten.

Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit als US-Präsident
Sanktionen angeordnet, als das Gericht mutmaßliche Kriegsverbrechen
von US-Soldaten in Afghanistan untersucht hatte. Diese machte sein
Nachfolger Biden wieder rückgängig.