Klage gegen Italiens Umgang mit Bootsflüchtlingen abgewiesen

12.06.2025 12:12

Etwa 150 Bootsmigranten kentern auf dem Mittelmeer, unter den vielen
Toten sind auch Kinder. Hat die italienische Küstenwache mit
illegalem Verhalten dazu beigetragen? Dazu gibt es nun ein Urteil.

Straßburg (dpa) - In einem Rechtsstreit um das mutmaßlich illegale
Zurückdrängen von Bootsflüchtlingen hat Italien laut dem Europäisch
en
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht gegen geltendes Recht
verstoßen. Die Richterinnen und Richter sahen es nicht als erwiesen
an, dass Italien die libysche Küstenwache unrechtmäßig mit dem
Zurückholen der gekenterten Migranten beauftragte. Das geht aus ihrem
in Straßburg veröffentlichten Urteil hervor.

In dem Fall geht es um rund 150 Menschen, die sich 2017 im
Schlauchboot auf den Weg von Libyen nach Europa machten und
kenterten. Viele Menschen starben bei dem Vorfall, laut Klägerseite
auch Kinder. 17 Überlebende aus Ghana und Nigeria reichten in der
Folge Klage beim EGMR ein.

Vorfall laut Italien in libyscher Seenotrettungszone

Dem Urteil zufolge wies die italienische Küstenwache umliegende
Schiffe zur Rettung an und informierte die libysche Leitstelle, da
der Vorfall Italien zufolge in der libyschen Seenotrettungszone lag.
Ein libysches Schiff war zuerst vor Ort. Laut der Klägerseite
verursachte es dabei Wellen, die zum Tod mehrerer Migranten führten.
Zudem habe die Besatzung im Wasser treibende Migranten geschlagen und
bedroht. Das Rettungsschiff «Sea-Watch 3» erreichte den Unglücksort
ebenfalls und holte weitere Geflüchtete aus dem Wasser.

Der EGMR hatte Italien in einem früheren Urteil bereits wegen
sogenannter Pushbacks verurteilt, also dem aktiven Zurückdrängen von
Geflüchteten. Nach Meinung der Kläger führte Italien auch im
vorliegenden Fall eine Art «Pushback» aus, allerdings in Kooperation
mit libyschen Booten - sogenannte Pullbacks.

Das sahen die Richterinnen und Richter nicht als erwiesen an, obwohl
Italien die libysche Regierung finanziell für ihre Aktionen zur See
unterstützt. Die Richterinnen und Richter begründeten das unter
anderem mit dem Ort des Vorfalls. Zudem gebe es keine Anhaltspunkte
dafür, dass das libysche Schiff unter der Kontrolle Italiens
gestanden habe.