Wadephul: Derzeit kein Anlass für Telefonat mit Lawrow

12.06.2025 16:03

In der SPD wird über den Vorstoß prominenter Vertreter für direkte
diplomatische Gespräche mit Russland diskutiert. Der Außenminister
vom großen Koalitionspartner CDU hat dazu eine klare Meinung.

Rom (dpa) - Außenminister Johann Wadephul sieht ungeachtet der
SPD-Debatte über direkte diplomatische Gespräche mit Russland keinen
Grund für ein rasches Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej
Lawrow. «Ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keine Gelegenheit und keine
Möglichkeit zu weiteren Gesprächen», sagte der CDU-Politiker bei
einer Außenministerkonferenz zur Unterstützung der Ukraine in Rom auf
die Frage eines Journalisten, wann er das erste Mal mit Lawrow
telefonieren werde. 

Wenn solche Gespräche geführt werden würden, würde das Deutschland

«immer nur gemeinsam mit seinen europäischen Partnern machen», sagte

Wadephul. In diesen Formaten «sind wir selbstverständlich immer
verhandlungsbereit». Man müsse allerdings zum jetzigen Zeitpunkt
«feststellen, dass Russland nicht verhandlungsbereit ist, sondern den
Krieg sucht». Solange dies der Fall sei, «stehen wir fest an der
Seite der Ukraine».

Wadephul warnt vor Rückfall in Appeasement 

Die «verheerenden» Angriffe der vergangenen Tage durch Russland
hätten gezeigt, dass Kremlchef Wladimir Putin zum jetzigen Zeitpunkt
nicht bereit sei, an den Verhandlungstisch zu kommen, sondern weiter
eine kriegerische Lösung in der Ukraine anstrebe. «Das kann der Freie
Westen nicht akzeptieren. Deswegen gibt es keinen Anlass zur
Gleichgültigkeit und wir dürfen uns keinen Rückfall in Appeasement
leisten.» 

An den anwesenden ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha gewandt
sagte er: «Unsere Unterstützung (...)zur Ukraine steht felsenfest:
Politisch, wirtschaftlich und militärisch.»

Mit Appeasement wird die Politik des damaligen britischen
Premierministers Neville Chamberlain in den 1930er Jahren bezeichnet,
der versuchte, einen Krieg abzuwenden, indem er die Annexion des zur
Tschechoslowakei gehörenden Sudetenlands durch Nazi-Deutschland
absegnete.

Prominente SPD-Politiker hatten sich gegen die Sicherheits- und
Verteidigungspolitik der schwarz-roten Bundesregierung und ihrer
eigenen Parteiführung gestellt. In einem «Manifest» fordern sie eine

Abkehr von der Aufrüstung und direkte diplomatische Gespräche mit
Russland. Unterzeichnet ist das Grundsatzpapier unter anderem von
Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich, Ex-Parteichef Norbert
Walter-Borjans, Außenpolitiker Ralf Stegner und mehreren Bundestags-
sowie Landtagsabgeordneten.

«Unerschütterliche Unterstützung» für Ukraine

In einer gemeinsamen Erklärung der vom italienischen Außenminister
Antonio Tajani organisierten Konferenz bekräftigten die Teilnehmer
ihre «unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine, ihre
Bevölkerung, ihre Demokratie, ihre Sicherheit, Souveränität,
Unabhängigkeit und territoriale Integrität innerhalb ihrer
international anerkannten Grenzen». Unter anderen nahmen auch der
polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, EU-Chefdiplomatin Kaja
Kallas und Nato-Generalsekretär Mark Rutte teil.