Rehlinger: 40 Jahre Schengen ist Mahnung und Verpflichtung

14.06.2025 14:33

In Schengen wird der 40. Jahrestag des Schengener Übereinkommens über
grenzenloses Reisen gefeiert. Es gibt auch kritische und mahnende
Töne.

Schengen (dpa/lrs) - Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD)
fordert eine Rückkehr zu einem Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen.
«Das sage ich ganz bewusst als jemand, der in der Grenzregion lebt,
es muss uns etwas Klügeres einfallen, als noch einmal dafür zu
sorgen, dass Grenzbeamte auf nicht vorhandene Schlagbäume auch
aufpassen», sagte die saarländische Ministerpräsidentin bei einem
Festakt zum 40. Jahrestag des Schengener Abkommens in Schengen.

Dies sei «ein Tag, an dem wir eben nicht nur zurückblicken, sondern
den wir als Verpflichtung nehmen, dafür zu sorgen, dass Schengen
gelebt werden kann», sagte sie in dem luxemburgischen Moselort. Von
40 Jahren Schengen solle das «starke Signal» ausgehen, «das da
lautet: Schengen ist nicht das Problem, sondern Schengen ist die
Lösung in und für Europa», sagte Rehlinger.

Heute gehören 29 Länder zum Schengen-Raum

Der Jahrestag sei nicht nur Anlass auf 40 Jahre zurückzublicken. Er
solle «für uns alle eine Mahnung» sein, «vor allem auf die nächst
en
Jahre zu blicken und uns auch bewusst zu machen, dass das nicht
selbstverständlich ist», sagte sie mit Blick auf die Wiedereinführung

von Grenzkontrollen in mehreren EU-Ländern, darunter auch
Deutschland.

Am 14. Juni 1985 hatten Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien
und die Niederlande in Schengen den schrittweisen Abbau der
Grenzkontrollen vereinbart. Heute gehören 29 Länder mit rund 420
Millionen Einwohnern zum Schengen-Raum.

Mahnende Worte von Luxemburgs Außenminister

Der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel rief zur Verteidigung
des grenzenlosen Reisens im Schengen-Raum auf. «Eine Freiheit zu
gewinnen, war ein Kampf. Sie wieder aufzugeben, kann sehr schnell
gehen. Tun wir das nicht!», sagte er. «Ich will nicht sagen, dass
Schengen in Gefahr ist, denn wir verteidigen es. Aber Schengen wird
getestet», sagte Bettel. «Der freie Grenzverkehr muss die Regel und
nicht die Ausnahme sein.»

«Man kann die Probleme der Außengrenzen und die Probleme der
Migration nicht mit Kontrollen regeln. Man wird sie durch das
Funktionieren und die Solidarität der 27 EU-Mitgliedsländer regeln
können», sagte Bettel. Er warnte vor Populismus und vor einer
Tendenz, sich auf sich selbst zurückzuziehen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD)
sagte am Rande des Festakts der Deutschen Presse-Agentur zu den
Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen: Sie müssten immer
wieder von der deutschen Bundesregierung neu begründet werden. «Sie
sind nicht als Dauerzustand vereinbart, sie sind nicht als
Dauerzustand angelegt. Und demzufolge sollten sie auch kein
Dauerzustand werden.»

Kontrollen auch am 40. Jahrestag 

Schweitzer sagte, er sei nicht grundsätzlich gegen «lokale, zeitlich
befristete, gut begründete Grenzkontrollen». Es müsse für einen
souveränen Staat möglich sein, seine Grenzen zu kontrollieren. «Aber

wir müssen diese Gratwanderung jederzeit hinbekommen: Wir dürfen
Europa und das, was wir in Europa erreicht haben, nicht wie ein Kind
mit dem Bade ausschütten.»

Während Schweitzer mit Journalisten sprach, kontrollierten deutsche
Bundespolizisten Autofahrer auf der deutschen Seite der Moselbrücke
von Schengen. «Das ist die europäische Realität, in der wir uns
zurzeit befinden. Ja, es ist ein Widerspruch für viele zu Schengen.»
Schweitzer sagte, er sehe seine Aufgabe darin, der Bundesregierung in
Sachen Grenzkontrollen «immer wieder Hinweise zu geben, sehr sensibel
damit umzugehen».

Historisches Schiff wieder in Schengen

Schengen steht für ein offenes Europas ohne Grenzen. Die seit Mitte
September 2024 an allen deutschen Außengrenzen wieder eingeführten
Grenzkontrollen stoßen gerade im Dreiländereck zwischen Deutschland,
Luxemburg und Frankreich auf Kritik.

Am Jubiläumstag wird auch die Rückkehr des Schiffes, auf dem 1985 das
Übereinkommen unterzeichnet wurde, gefeiert. Das Schiff «Prinzessin
Marie-Astrid Europa» stehe symbolisch für die europäische Integration

und die Vision eines grenzenlosen Europas, teilte die Gemeinde
Schengen mit. Bis zur Fertigstellung des neuen Festanlegers wird das
Schiff am alten Anleger festgemacht und kann dort besichtigt werden.

Zudem öffnete das neue Schengen Museum seine Türen. In der
Ausstellung geht es um die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft
des Schengen-Raums. Das historische Schiff ist Teil des neuen
Museums. Die Gesamtkosten der Projekte belaufen sich auf knapp 18
Millionen Euro.