EU-Kommission will russische Gasimporte komplett verbieten von Katharina Redanz, dpa

17.06.2025 17:34

Für Kohle und Öl gelten in der EU weitgehende Einfuhrverbote, Moskaus
Gas kommt aber weiter an. Nach dem Willen der EU-Kommission
allerdings nicht mehr lange. Was plant sie?

Straßburg (dpa) - Ab 2028 soll nach dem Willen der EU-Kommission kein
Gas aus Russland mehr in die Europäische Union importiert werden.
Denn anders als für etwa Öl und Kohle gibt es wegen Abhängigkeiten
bislang keine Gas-Sanktionen. Die Brüsseler Behörde hat nun einen
Plan für den vollständigen Stopp russischer Gaseinfuhren vorgelegt.
Was hat die Behörde vor? Fragen und Antworten. 

Warum will die EU-Kommission die Einfuhr von Gas aus Russland
stoppen?

Hintergrund ist insbesondere der seit Februar 2022 andauernde
russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Folge erließ die EU
weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und
Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen Abhängigkeiten bislang aber nicht.
Als Flüssigerdgas (LNG) und via der Pipeline Turkstream kommt derzeit
weiter Gas in die Staatengemeinschaft. 

2024 machten Gaslieferungen aus Russland Angaben der EU-Kommission
zufolge knapp 19 Prozent aller Importe aus. Insgesamt wurde im
vergangenen Jahr Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge
natürliches und verarbeitetes Gas im Wert von 15,6 Milliarden Euro
aus Russland importiert. Zum Vergleich: Aus den USA kam Gas im Wert
von 19,1 Milliarden Euro. 

Was bedeutet ein Verbot für Verbraucher?

Verbraucher brauchen sich nach Angaben der Kommission keine großen
Sorgen zu machen. Die Maßnahmen sollen schrittweise und in Abstimmung
mit den EU-Ländern umgesetzt werden, um mögliche Auswirkungen auf die
Preise zu minimieren. Einer Analyse der Behörde zufolge könnten die
verbleibenden Gasmengen ohne Risiken für die Versorgungssicherheit
auslaufen. Auf dem globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative
Anbieter.

Dennoch enthält der Kommissionsvorschlag eine Art Sicherheitsklausel,
falls die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten
ernsthaft gefährdet werden könnte. Unter diesen Umständen könnte di
e
Kommission demnach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern
erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen.

Was will die Behörde genau?

Für langfristige Lieferverträge soll das Verbot laut Vorschlag ab dem
1. Januar 2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen
Verträgen will die Kommission schon in einem Jahr verbieten, also ab
dem 17. Juni 2026. Wird auf Basis von ab nun noch abgeschlossenen,
neuen Verträgen noch russisches Gas bezogen, so soll dieses ab dem 1.
Januar 2026 nicht mehr eingeführt werden dürfen.

Wie soll das rechtlich ablaufen?

Die Kommission will die Importe auf Grundlage des EU-Handels- und des
EU-Energierechts verbieten. «Um die EU-Energiemärkte vor
handelsbedingten Risiken zu schützen und wirksamere Maßnahmen zur
Überwachung von Energieversorgungsrisiken vorzusehen, stützt sich die
vorgeschlagene Verordnung auf eine doppelte Rechtsgrundlage», teilte
die Behörde mit.

Sind deutsche Unternehmen betroffen?

Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission
vorgeschlagen kommen, könnte auch das bundeseigene deutsche
Energieunternehmen Sefe betroffen sein. Auf Basis eines bestehenden,
langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus
Russland in die EU. Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom
Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und
wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der
Energiekrise verstaatlicht.

Von Sefe hieß es nun: «Sollten die Lieferungen von russischem LNG
nach Europa nicht mehr stattfinden, müssten wir uns, um unsere
Vertragsverpflichtungen gegenüber unseren Abnehmern zu erfüllen, um
Ersatz für die wegfallenden LNG-Volumen bemühen.» Die
Ersatzbeschaffungsstrategie hänge von den Marktpreisen,
Beschaffungskosten, Vertragsbedingungen und der Projektqualität ab.

Wie fallen Reaktionen aus?

Die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus bezeichnet den Schritt als
«längst überfällig». Zu lange sei Putins Kriegskasse mit europä
ischem
Geld für Gas und Öl finanziert worden. Und zu lange habe Putin seine
Energiepolitik als Druckmittel gegen Europa gerichtet. «Aber auch im
Bereich von Uran und Brennelementen muss die Kommission so schnell
wie möglich Ausstiegsfristen vorlegen», so Paulus.

Wie geht es weiter?

Der Vorschlag muss nun von den EU-Ländern und dem EU-Parlament
verhandelt werden, bevor die Regeln in Kraft treten können. Auf Ebene
der Länder braucht es die Zustimmung von 15 von 27 EU-Staaten, die
zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU
ausmachen.