Teilzeitquote in Deutschland eine der höchsten in der EU

17.06.2025 09:30

Die Deutschen müssten mehr arbeiten, um ihren Wohlstand zu sichern,
fordert die Wirtschaft. Auch Teilzeit ist Arbeitgebern oft ein Dorn
im Auge. Sind die Deutschen faul? Neue Daten stützen das nicht.

Wiesbaden (dpa) - Beschäftigte in Deutschland liegen in Sachen
Teilzeit mit an der Spitze in der EU. 2024 arbeiteten hierzulande
29 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren in Teilzeit,

zeigen Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, die das
Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlichte. Höher war die
Teilzeitquote lediglich in den Niederlanden (43 Prozent) und
Österreich (31 Prozent).

Zum Vergleich: EU-weit arbeiteten nur 18 Prozent der Erwerbstätigen
in Teilzeit. Frauen in Deutschland waren dabei mehr als viermal so
häufig in Teilzeit (48 Prozent) wie Männer, von denen es 12 Prozent
waren. Auf EU-Ebene ist der Geschlechterunterschied geringer.

Angesichts der Wirtschaftskrise in Deutschland werden die Rufe nach
längeren Arbeitszeiten und weniger Teilzeit lauter. Nur so lasse sich
der Wohlstand in Deutschland sichern, argumentieren
Wirtschaftsverbände und Manager. Die Bundesregierung will eine
wöchentliche anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit einführen -

was Gewerkschaften als Ende des Acht-Stunden-Tags ablehnen. 

Arbeitszeit in Deutschland nur knapp unter EU-Schnitt

Die Ansicht, dass die Deutschen relativ wenig arbeiten, lässt sich
aber aus den offiziellen Daten nicht ablesen. So liege die
wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten hierzulande mit
40,2 Stunden nur knapp unter dem EU-Schnitt (40,3 Stunden), schreibt
das Statistische Bundesamt. «In den letzten zehn Jahren ist die
Arbeitszeit in Deutschland und EU-weit leicht zurückgegangen».

In Deutschland gehe die im EU-Vergleich höhere Teilzeitbeschäftigung
zudem mit einer höheren Erwerbstätigkeit einher. Demnach waren
77 Prozent der 15- bis 64-jährigen Bevölkerung hierzulande 2024
erwerbstätig - ein Rekord, der deutlich über der
EU-Erwerbstätigenquote von 71 Prozent lag. Bei Frauen lag die
Erwerbstätigenquote mit 74 Prozent sogar 8 Prozentpunkte über dem
EU-Schnitt.

Debatte um Wochenarbeitszeit

«In Deutschland ist die Erwerbstätigenquote besonders bei Frauen
überdurchschnittlich hoch - eine erfreuliche Entwicklung», sagt
Yvonne Lott, Arbeitszeitexpertin des Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen
Hans-Böckler-Stiftung. «Die Bundesregierung kann darauf aufbauen,
indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter stärkt, etwa
durch kluge Arbeitszeitmodelle, die planbare und maßvolle
Tagesarbeitszeiten fördern.»

Die Pläne, die tägliche Höchstarbeitszeit abzuschaffen, gingen
dagegen in die falsche Richtung. «Sehr lange Tagesarbeitszeiten
machten es Menschen mit Sorgeverpflichtung schwerer, erwerbstätig zu
sein.»