EU-Kommission legt Plan für Verbot russischer Gasimporte vor von Katharina Redanz, dpa
17.06.2025 17:31
Moskaus Gas kommt weiter in Europa an. Das will die EU-Kommission
ändern. Weil Gas-Sanktionen aussichtslos erscheinen, präsentiert die
Behörde einen anderen Weg für ein Verbot.
Straßburg (dpa) - Die EU-Kommission hat einen Plan für einen
vollständigen Stopp russischer Gasimporte vorgelegt. Damit will die
Brüsseler Behörde erreichen, dass von 2028 an kein Gas mehr aus
Russland in die Staatengemeinschaft eingeführt wird. 2024 machten
Gaslieferungen aus Russland Angaben der EU-Kommission zufolge knapp
19 Prozent aller Importe aus.
Einfuhren sollen schrittweise verboten werden
Die Importe sollen dem Vorschlag zufolge schrittweise verboten
werden, «um Markt- und Versorgungsstabilität zu gewährleisten». F
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langfristige Lieferverträge soll das Verbot demnach ab dem 1. Januar
2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen Verträgen will
die Kommission schon in einem Jahr verbieten, also ab dem 17. Juni
2026. Wird auf Basis von ab nun noch abgeschlossenen, neuen Verträgen
noch russisches Gas bezogen, so soll dieses ab dem 1. Januar 2026
nicht mehr eingeführt werden dürfen.
Der Vorschlag muss nun von den EU-Ländern und dem EU-Parlament
verhandelt werden, bevor die Regeln in Kraft treten können. Auf Ebene
der Länder braucht es die Zustimmung von 15 von 27 EU-Staaten, die
zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU
ausmachen.
Früheren Angaben der EU-Kommission zufolge basieren etwa zwei Drittel
der russischen LNG- und Pipeline-Gasimporte auf bestehenden
langfristigen Verträgen. Der Rest wird auf kurzfristiger Spot-Basis
geliefert.
EU-Energiekommissar Dan Jørgensen sagte: «Der Import von Gas aus
Russland ist eine Sicherheitsbedrohung für Europa.» Der Vorschlag
werde die Energieunabhängigkeit erhöhen und gleichzeitig die
Einnahmen verringern, «die Putin zur Finanzierung seines Krieges
verwendet». Die Kommission werde mit den EU-Ländern zusammenarbeiten.
Kein Mitgliedstaat werde aufgrund dieses Vorschlags ohne Energie
dastehen.
Auch deutsches Unternehmen könnte betroffen sein
Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission
vorgeschlagen kommen, könnte auch das bundeseigene deutsche
Energieunternehmen Sefe betroffen sein. Auf Basis eines bestehenden,
langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus
Russland in die EU. Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom
Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und
wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der
Energiekrise verstaatlicht.
Keine Gas-Sanktionen
Die Kommission will die Importe auf Grundlage des EU-Handels- und des
EU-Energierechts verbieten. «Um die EU-Energiemärkte vor
handelsbedingten Risiken zu schützen und wirksamere Maßnahmen zur
Überwachung von Energieversorgungsrisiken vorzusehen, stützt sich die
vorgeschlagene Verordnung auf eine doppelte Rechtsgrundlage», teilte
die Behörde mit.
Hintergrund des Vorhabens ist insbesondere der seit Februar 2022
andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Folge erließ
die EU weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie
Kohle und Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen Abhängigkeiten bislang aber
nicht. Als Flüssigerdgas (LNG) und via der Pipeline Turkstream kommt
derzeit weiter Gas in die Staatengemeinschaft.
Ein Importverbot über Gas-Sanktionen würde allerdings eine
einstimmige Entscheidung der EU-Staaten erfordern. Insbesondere
Ungarn lehnte einen solchen Schritt bis zuletzt ab. Auch einer
gemeinsamen Erklärung zur Energieversorgungssicherheit der
EU-Staaten, die den Ausstieg aus russischer Energie beinhaltet,
schlossen sich Ungarn und die Slowakei am Montag nicht an.
Kommission: Verbot kein Risiko für Versorgungssicherheit
Einer Analyse der Behörde zufolge könnten die verbleibenden Gasmengen
ohne Risiken für die Versorgungssicherheit auslaufen. Auf dem
globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative Anbieter.
Dennoch enthält der Kommissionsvorschlag eine Art Sicherheitsklausel
«um plötzlichen und bedeutenden Entwicklungen auf dem Gasmarkt zu
begegnen, die die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten ernsthaft gefährden». Unter diesen Umständen könnte
die Kommission demnach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern
erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen. «Eine solche
Genehmigung sollte zeitlich begrenzt sein, und die Kommission kann
zusätzliche Bedingungen auferlegen, um sicherzustellen, dass die
Aussetzung strikt auf die Bewältigung der Bedrohung beschränkt ist.»
Deutsches Unternehmen hat wichtige Rolle
Das deutsche Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) hat
bei der Einfuhr von LNG in die EU eine wichtige Rolle. Einem Bericht
von Anfang des Jahres zufolge importierte Sefe im vergangenen Jahr
mehr als sechsmal so viel LNG in die Europäische Union wie noch 2023.
Grundlage dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler.
Demnach kamen 5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe aus Russland
importiertes Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkana
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Von Sefe hieß es nun: «Sollten die Lieferungen von russischem LNG
nach Europa nicht mehr stattfinden, müssten wir uns, um unsere
Vertragsverpflichtungen gegenüber unseren Abnehmern zu erfüllen, um
Ersatz für die wegfallenden LNG-Volumen bemühen.» Die
Ersatzbeschaffungsstrategie hänge von den Marktpreisen,
Beschaffungskosten, Vertragsbedingungen und der Projektqualität ab.
Kommission will auch Ende für russisches Uran und Öl
Darüber hinaus legte die Kommission Pläne für einen vollständigen
Stopp russischer Öleinfuhren bis Ende 2027 vor. Denn trotz eines
deutlichen Rückgangs der Importe seit Kriegsbeginn kamen 2024 den
Angaben nach 13 Millionen Tonnen russisches Rohöl auf den
europäischen Markt. Dem Vorschlag der Kommission nach sollen nun die
Mitgliedsstaaten, die noch russisches Öl importieren,
Diversifizierungspläne erstellen, um alle verbleibenden Einfuhren bis
Ende 2027 vollständig einzustellen.