EuGH-Gutachten plädiert für längere Haftung bei Impfschäden
19.06.2025 16:43
Impfschäden nachzuweisen gilt als schwierig, oft gehen Betroffene
erst Jahre später gegen die Hersteller vor. Die Generalanwältin am
EuGH meint: Den Geschädigten wird es zu schwer gemacht.
Luxemburg (dpa) - Betroffene von Impfschäden sollten nach Meinung der
EuGH-Generalanwältin mehr Zeit für Entschädigungsklagen haben. Dass
Geschädigte je nach Rechtsweg nur zehn Jahre Zeit für eine
entsprechende Klage hätten, verstoße gegen die Grundrechte der EU,
schreibt Generalanwältin Laila Medina in ihren Schlussanträgen. Die
Rechtslage ignoriere die Situation von Menschen, deren Krankheit sich
erst langsam entwickele.
In dem konkreten Fall geht es um eine Frau, die sich 2003 mit dem
Impfstoff Revaxis des französischen Herstellers Sanofi gegen
Diphtherie, Tetanus und Polio impfen ließ. Nach eigenen Angaben litt
sie in der Folge an Infektionen und Schmerzen und war wiederholt
arbeitsunfähig. Laut EuGH wurde 2008 eine entzündliche
Muskelerkrankung diagnostiziert, die auf Rückstände des in bestimmten
Impfungen enthaltenen Stoffs Aluminiumhydroxid schließen ließ. Ein
späteres Gutachten kam hingegen zu dem Schluss, ihr Zustand habe sich
stabilisiert und die Impfung sei nicht der Grund gewesen.
Ausschlussfrist verstößt laut Generalanwältin gegen EU-Grundrechte
In dem Rechtsstreit geht es unter anderem um die Frage, wann die für
Haftungsfragen wichtigen Fristen zu laufen beginnen. Nach Meinung der
Generalanwältin darf die dreijährige Verjährungsfrist erst dann
starten, wenn sich die Krankheit stabilisiert und die Impfschäden in
Gänze erfasst werden können.
Sie kritisiert zudem die Ausschlussfrist, nach der Unternehmen nur
zehn Jahre lang haftbar gemacht werden können, nachdem sie das
Produkt in Verkehr gebracht haben. Weil die Frist Menschen mit sich
langsam entwickelnden Krankheiten nicht berücksichtige, verstoße sie
gegen das in der Charta der EU-Grundrechte verbriefte Recht auf einen
wirksamen Rechtsbehelf.
Die Schlussanträge der Generalanwältin sind für die Richterinnen und
Richter nicht bindend, sie folgen ihnen aber häufig. Wann das Urteil
verkündet wird, ist noch nicht bekannt.