Klingbeil: Keine Renaissance der Atomenergie in Deutschland
19.06.2025 16:59
In Sachen Atomkraft waren sich in der Bundesregierung zuletzt nicht
alle einig. Der SPD-Vizekanzler findet nun klare Worte.
Luxemburg (dpa) - Im Konflikt in der Bundesregierung um die Haltung
zur Atomkraft verweist Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil
(SPD) auf den Koalitionsvertrag. «Wir haben keine Renaissance der
Atomenergie beschlossen in diesem Koalitionsvertrag», sagte Klingbeil
am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg. Es
sei entschieden worden, dass die erneuerbaren Energien noch weiter
gestärkt werden sollten. «Das ist die Linie, und da sollten sich alle
in der Bundesregierung dran halten.»
Im Koalitionsvertrag findet die Atomenergie keine Erwähnung. In
Deutschland gingen im April 2023 die letzten AKW außer Betrieb.
Reiche hatte sich mit Atomkraft-Befürwortern getroffen
Zuletzt hatte die Bundesregierung um eine gemeinsame Haltung gerungen
zur Atomenergie und zur Frage, ob sie auf EU-Ebene als nachhaltig
eingestuft werden soll. Im Rahmen eines Treffens der
EU-Energieminister Anfang der Woche hatte sich die deutsche
Ministerin Katherina Reiche mit Kollegen aus atomkraftfreundlichen
EU-Staaten getroffen - obwohl Deutschland aus der Technologie
ausgestiegen ist. Sie habe zugehört und sei in Kontakt getreten,
sagte die CDU-Politikerin im Anschluss an das Treffen der sogenannten
europäischen Nuklear-Allianz.
Ihr Kabinettskollege, Umweltminister Carsten Schneider,
klassifizierte dies als Alleingang: «Deutschland hat nicht daran
teilgenommen, sondern es ist eine Einzelentscheidung meiner
Ministerinkollegin, die natürlich frei ist in dem, was sie tut»,
sagte Klingbeils SPD-Parteifreund einen Tag später. «Wir haben den
Atomausstieg beschlossen.»
Schon Ende Mai Konflikt
Schon zuvor hatte es Meinungsverschiedenheiten zwischen Reiche und
Schneider in der Sache gegeben. Zu der Frage, ob Kernkraft auf
EU-Ebene als nachhaltig eingestuft werden soll, hatte Reiche Ende Mai
gesagt, man müsse technologieoffen sein. Bundesumweltminister
Schneider hatte daraufhin erklärt, Deutschland lehne die Einstufung
von Atomkraft als nachhaltig weiterhin ab. «Äußerungen von einzelnen
Mitgliedern der Bundesregierung, es gäbe hier eine neue Offenheit,
sind Privatmeinungen», sagte er.
Kernkraft gilt als CO2-arm
Kernkraft zählt zu den CO2-armen Energiequellen, worauf Staaten wie
Frankreich mit Blick auf die Klimakrise verweisen. Umstritten sind
AKW vor allem wegen der hohen Risiken. Nach den EU-Verträgen hat
jeder Mitgliedsstaat das Recht, seinen eigenen Energiemix zu wählen.