EU-Analyse: Israel verletzt Grundsätze für enge Kooperation Von Ansgar Haase, dpa
20.06.2025 19:40
Hält sich Israel noch an die Grundprinzipien für eine Zusammenarbeit
mit der EU? Ein Prüfbericht kommt zu einem eindeutigen Ergebnis. Und
für die EU-Staaten stellt sich die Frage nach den Folgen.
Brüssel (dpa) - Israel verstößt mit seinem Vorgehen im Gazastreifen
gegen festgelegte Grundsätze für eine enge Zusammenarbeit mit der EU.
Zu diesem Ergebnis kommt ein interner Prüfbericht der
EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, der jetzt an die Mitgliedstaaten
übermittelt wurde, wie die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel von
Diplomaten erfuhr.
Für die Regierungen der Länder und die EU stellt sich nun die Frage,
ob und wie sie auf die Analyse reagieren. Die Optionen reichen vom
Aussetzen des derzeitigen Partnerschaftsabkommens bis hin zu
wirtschaftlichen Sanktionen. So könnten etwa Zollerleichterungen
aufgehoben und Israels Zugang zum EU-Forschungsförderungsprogramm
Horizon blockiert werden.
Auf politischer Spitzenebene soll erstmals am Montag bei einem
Außenministertreffen über den Bericht gesprochen werden. Am
Donnerstag dürfte er dann auch Thema beim Juni-Gipfel der Staats- und
Regierungschefs werden.
Analyse wurde von Außenminister angefordert
Der unter der Führung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas
erarbeitete Bericht ist das Ergebnis eines Auftrags des
EU-Außenministerrates. Er hatte im Mai mit großer Mehrheit
beschlossen zu überprüfen, ob Israel sich noch an die Grundprinzipien
des sogenannten Assoziierungsabkommens hält. Zu diesen gehört, dass
die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auch auf der Achtung
der Menschenrechte beruhen.
Israels Vorgehen im Gazastreifen wird in dem Bericht nun als Verstoß
gegen das Grundprinzip gewertet. Hintergrund ist insbesondere, dass
das Land seit Monaten kaum noch Lieferungen von Hilfsgütern in den
Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben.
Israel begründet sein Vorgehen damit, dass die islamistische Hamas
von den Hilfsgüter-Lieferungen profitiere.
Von der Leyen wirft Israel Rechtsverstöße und Gewalt vor
Das Ergebnis des Berichts hat sich bereits seit einigen Wochen
abgezeichnet. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte so
bereits Ende Mai gesagt, dass die Eskalation und der
unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten im
Gazastreifen unter humanitärem und internationalem Recht nicht zu
rechtfertigen seien. Die Ausweitung der israelischen Militäreinsätze
im Gazastreifen, bei denen zivile Infrastrukturen ins Visier genommen
würden, sei abscheulich.
Als Beispiel nannte sie etwa die Zerstörung eines Schulgebäudes, das
als Zufluchtsort für vertriebene palästinensische Familien diente.
Dabei starben auch Kinder. Israel sprach von einem Angriff auf eine
Kommandozentrale der islamistischen Hamas.
Intensive Diskussionen über das Partnerschaftsabkommen mit Israel
hatte es in der EU bereits im vergangenen Jahr gegeben. Sie waren vor
allem von Spanien und Irland ausgegangen.