EU-Kommission macht Weg frei für Industriestrompreis Von Maximilian von Klenze, dpa

25.06.2025 14:06

Brüssel öffnet das Tor für einen Industriestrompreis - aber nicht
ohne Gegenleistung. Unternehmen dürfen auf staatliche Hilfe hoffen,
müssen dafür aber in ihre grüne Zukunft investieren.

Brüssel (dpa) - Der Weg für einen Industriestrompreis zur Entlastung
energieintensiver Unternehmen ist frei. Mit einem neuen
Beihilferahmen erlaubt die EU-Kommission künftig unter bestimmten
Voraussetzungen direkte staatliche Subventionen, um Strompreise für
energieintensive Unternehmen zu senken. 

«Es ist ein Instrument, um den Klimaschutz voranzutreiben, die
Widerstandsfähigkeit Europas zu stärken und sicherzustellen, dass
unsere Industrie weltweit wettbewerbsfähig bleibt», sagte
Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera in Brüssel. 

Ziel ist es, den Umbau der Industrie hin zur Klimaneutralität
voranzutreiben, ohne dass die Wirtschaft zu sehr in Mitleidenschaft
gezogen wird. Die Subventionen sollen energieintensive und im
internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen für eine
Übergangszeit unterstützen. 

Die Kommission spricht explizit von einer Brückenhilfe, bis die
Energiewende weiter fortgeschritten ist und die Strompreise durch den
Ausbau von Netzen und erneuerbaren Energien wieder auf einem
international wettbewerbsfähigen Niveau liegen.

Preisnachlass mit Deckel und klaren Grenzen

Konkret erlaubt der neue Rahmen einen Nachlass von bis zu 50 Prozent
auf den Großhandelsstrompreis, allerdings höchstens für die Hälfte

des jährlichen Stromverbrauchs einer Firma. Zudem darf der Preis
durch die Subventionen nicht unter 50 Euro pro Megawattstunde
sinken. 

Die Maßnahme ist darüber hinaus zeitlich befristet: Subventionen
dürfen nur für maximal drei Jahre pro Unternehmen gewährt werden und

müssen bis spätestens Ende 2030 auslaufen. Am Montag hatte bereits
das «Handelsblatt» über Details berichtet.

Wer profitieren kann

Von den Strompreisbeihilfen dürfen ausschließlich Unternehmen
profitieren, die für ihre Produktion einen hohen Strombedarf haben
und deren Branche zugleich stark in den internationalen Handel
eingebunden ist. Diese doppelte Voraussetzung soll sicherstellen,
dass nur Betriebe unterstützt werden, die durch hohe Energiepreise im
weltweiten Wettbewerb besonders stark unter Druck geraten sind. 

In Deutschland sind etwa die Chemie- und Stahlindustrie große und
gleichzeitig energieintensive Branchen, die wegen der hohen
Energiekosten unter Zugzwang stehen. Laut Statistischem Bundesamt ist
die Produktion energieintensiver Industriezweige seit Anfang 2022
fast durchgehend gefallen und hat sich deutlich schwächer entwickelt
als die Gesamtindustrie. Die fünf Industriebranchen mit dem stärksten
Energieverbrauch beschäftigten laut Bundesamt 2021 knapp eine Million
Menschen. 

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag
vereinbart, energieintensive Unternehmen mit einem
Industriestrompreis zu entlasten, sofern die EU-Regeln für staatliche
Beihilfen dies zuließen.

Subventionen nur gegen Investitionen in grüne Technologien

Ein zentrales Element der neuen EU-Regeln ist, dass die Hilfen an
Investitionen in eine klimafreundlichere Wirtschaft gekoppelt sein
müssen. So will die Kommission verhindern, dass sich Unternehmen auf
den staatlichen Subventionen ausruhen und Gewinne ohne Gegenleistung
einstreichen.

Mindestens die Hälfte der staatlichen Unterstützung muss demnach in
konkrete Projekte zur Modernisierung und zum Abbau von CO2-Emissionen
der Unternehmen fließen. 

Gefördert werden dürfen dabei ausschließlich neue oder modernisierte

Anlagen. Zudem sind Förderungen ausgeschlossen, wenn Maßnahmen
bereits aus anderen Töpfen Fördergelder erhalten. 

Zu den möglichen förderfähigen Investitionen zählen laut
EU-Kommission unter anderem der Ausbau erneuerbarer Energien, der
Aufbau von Stromspeichern, Maßnahmen zur Erhöhung der Flexibilität
auf der Nachfrageseite, Effizienzsteigerungen sowie der Einsatz von
Elektrolyseuren zur Produktion von «grünem» oder CO2-armem
Wasserstoff. Unter bestimmten Umständen sollen auch Förderungen für
Gas und Atomkraft möglich sein.

Milliarden an privaten Investitionen erwartet

Mit dem neuen Rahmen will die Kommission nicht nur kurzfristige
Entlastung schaffen, sondern langfristig ein Investitionssignal
setzen. Staatliche Beihilfen sollen gezielt Lücken schließen und
dabei vor allem private Investitionen mobilisieren.