EU-Gipfel gibt grünes Licht für Euro-Einführung in Bulgarien von Katharina Redanz und Elena Lalowa, dpa

26.06.2025 23:55

Ein Währungswechsel rückt näher: Auch die Staats- und Regierungschefs

der EU sind dafür, dass in Bulgarien ab 2026 mit dem Euro bezahlt
werden kann. Es ist noch nicht der letzte Schritt.

Brüssel (dpa) - Bulgarien hat von den Staats- und Regierungschefs der
anderen EU-Staaten grünes Licht für die Einführung der
Gemeinschaftswährung Euro erhalten. Bundeskanzler Friedrich Merz und
seine Kollegen stellten sich bei einem Gipfeltreffen in Brüssel
hinter den Vorschlag der EU-Kommission, der die Euro-Einführung in
dem Balkanland zum 1. Januar 2026 erlaubt. Zuvor hatten dies bereits
die EU-Finanzminister getan, die nun noch einmal formell zustimmen
müssen.

Das Balkanland ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union und wäre
das 21. Land mit der Gemeinschaftswährung. Als bislang letztes Land
war zum 1. Januar 2023 Kroatien in den Kreis der Eurostaaten
aufgenommen worden.

Ein weiteres Land im gemeinsamen Währungsraum erleichtert Handel und
Reisen. Wer Geschäfte macht oder investieren will, muss sich dann
keine Sorgen mehr um Wechselkurse machen. Auch Touristen würden
profitieren, weil sie sich nach einem Euro-Beitritt Bulgariens keine
Landeswährung mehr besorgen müssen, was in der Regel mit Kosten
verbunden ist.

Euro-Einführung war schon früher geplant

Bulgarien gehört zu den ärmeren EU-Ländern und ist beim
Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf der Bevölkerung auch 2024
EU-Schlusslicht - obwohl die Wachstumsraten höher waren als anderswo.

Ursprünglich wollte Bulgarien seine Landeswährung Lew (Deutsch: Löwe)

schon Anfang 2024 durch den Euro ersetzen. Unter anderem wegen der
damals vergleichsweise hohen Inflationsrate von 9,5 Prozent wurde der
Beitritt verschoben. 

Bestimmte Kriterien müssen erfüllt werden

Denn: Für den Euro-Beitritt müssen bestimmte Kriterien erfüllt
werden. Dazu gehören Preisstabilität, solide öffentliche Finanzen und

stabile Wechselkurse. Die Inflation zum Beispiel darf nicht aus dem
Ruder laufen, damit der Wert des Geldes gewahrt und seine Kaufkraft
erhalten bleibt. 

Die Fortschritte der Euro-Beitrittskandidaten bei diesen sogenannten
Konvergenzkriterien werden regelmäßig von der Europäischen
Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission überprüft. Anfang des Monats
hatten die Europäische Kommission und die EZB mitgeteilt, Bulgarien
erfülle die für eine Euro-Einführung notwendigen Kriterien. 

Proteste in Bulgarien

In Bulgarien wird die Debatte über die Einführung des Euro von
heftigen Protesten begleitet. Im Februar entzündeten Nationalisten
vor dem Eingang der EU-Vertretung in Sofia ein Feuer und gossen rote
Farbe auf die gläserne Fassade des Gebäudes, es flogen
Molotow-Cocktails und Eier. 

Ende Mai demonstrierten Anhänger prorussischer und nationalistischer
Parteien in der Hauptstadt Sofia und in anderen Städten. Sie wollen,
dass die Landeswährung Lew erhalten bleibt, da sie befürchten, dass
der Euro die Preise in die Höhe treiben wird. 

Für den Gipfel hatten Anhänger der kleinen, prorussischen
nationalistischen Partei Welitschie (Herrlichkeit) in Brüssel einen
Autokorso gegen die angestrebte Einführung des Euro angekündigt -
dafür seien sie durch ganz Europa gereist. Auch für diesen Samstag
ist in Sofia wieder ein Großprotest der prorussischen
nationalistischen Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) geplant.

Im EU-Parlament gehört die Partei der gleichen Fraktion wie die AfD
an. Wasraschdane wirft den Behörden vor, Daten zu fälschen, um die
Einführung des Euro zu ermöglichen. Mit der Einführung des Euro wür
de
Bulgarien seine nationale Souveränität verlieren, beklagt die Partei.

Euro-Gegner fordern Referendum 

Wasraschdane-Chef Kostadin Kostadinow verlangte eine Volksabstimmung
über den Erhalt der Währung Lew. 604.000 Unterschriften für ein
Referendum wurden gesammelt, doch das bulgarische Parlament lehnte
zweimal eine Volksabstimmung zur Währungsfrage ab - 2023 und im Mai
2025.

Inzwischen haben die Behörden mit Kontrollen begonnen, um
unbegründete Preissteigerungen nach Bekanntwerden der positiven
Berichte der EU-Kommission und der EZB zu bekämpfen oder zu
verhindern.

Bulgariens Bevölkerung laut Umfragen gespalten

Bulgariens Bevölkerung ist Umfragen zufolge in der Euro-Frage in zwei
Lager gespalten. Laut einer Meinungsumfrage des bulgarischen
Instituts Mjara von Mitte Mai ist mehr als die Hälfte der
Volljährigen (54,9 Prozent) gegen eine Einführung des Euro 2026. Gut
ein Drittel (34,4 Prozent) befürwortet einen Beitritt zur Eurozone im
kommenden Jahr. 

In der bulgarischen Wirtschaft sieht es etwas anders aus: Da
befürwortet eine Mehrheit von 66,3 Prozent Alpha Research zufolge
«voll» oder «eher» einen Beitritt zur Eurozone - lediglich ein
Drittel ist «eher» oder «generell» dagegen.

Weiterer Schritt notwendig

Damit in Bulgarien künftig mit Euro-Münzen und -Scheinen bezahlt
werden kann, müssen nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der

EZB noch die Mitgliedsstaaten auf Ebene der Finanzminister die
notwendigen Rechtsakte verabschieden.

Nach den EU-Verträgen sind alle Mitgliedstaaten bis auf Dänemark zum
Beitritt zur Gemeinschaftswährung verpflichtet, sobald sie die
Voraussetzungen erfüllen. Mehrere Staaten verfolgen dies aber nicht
mit Nachdruck - zu ihnen zählen zum Beispiel Schweden, Polen und
Ungarn.