USA machen EU neues Angebot im Zollkonflikt Von den dpa-Korrespondenten )

27.06.2025 15:31

Merz drängt, Brüssel prüft: Die USA legen der EU ein neues Angebot im

Handelsstreit vor. Alle Optionen bleiben auf dem Tisch, sagt die
EU-Kommissionspräsidentin - und bringt eine neue Idee ins Spiel.

Brüssel (dpa) - Im Zollkonflikt mit der EU haben die USA ein neues
Angebot vorgelegt. Die EU-Kommission bestätigte in der Nacht zum
Freitag den Eingang eines entsprechenden US-Dokuments. Es werde nun
geprüft, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem
EU-Gipfeltreffen in Brüssel. 

«Wir sind zu einer Einigung bereit. Gleichzeitig bereiten wir uns auf
die Möglichkeit vor, dass keine zufriedenstellende Einigung erzielt
wird», sagte von der Leyen und fügte hinzu: «Alle Optionen bleiben
auf dem Tisch.» Zum Inhalt des Dokuments wollten sich weder die
Kommissionspräsidentin noch EU-Ratspräsident António Costa öffentli
ch
äußern. 

Wie die Deutsche Presse-Agentur von anderen Gipfelteilnehmern erfuhr,
ist es nach dem neuen US-Vorschlag für eine Rahmenvereinbarung
unwahrscheinlich, dass der von US-Präsident Donald Trump eingeführte
Basiszoll in Höhe von zehn Prozent auf fast alle Importe noch
komplett wegverhandelt werden kann. Hoffnung gibt es demnach aber
beispielsweise mit Blick auf zusätzlich in Kraft gesetzte
US-Sonderzölle etwa auf Autoimporte. 

Für die EU dürfte sich damit in Kürze die grundsätzliche Frage
stellen, ob sie bereit ist, einen neuen Basiszoll zu akzeptieren, um
eine weitere Eskalation des Handelsstreits zu verhindern. Alternativ
könnte sie auf ihre Marktmacht setzen und versuchen, Trump mit
Entschlossenheit und Härte zum Einlenken zu bringen. 

So betonte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass es die EU
schwach und naiv aussehen lassen könnte, wenn sie einen neuen
Basiszoll ohne Ausgleichsmaßnahmen hinnehmen würde. Neue Belastungen
für EU-Hersteller müssten im Zweifelsfall gleiche Belastungen für
US-Hersteller zur Folge haben, sagte er. 

Merz will lieber schnelle und einfache Lösung 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schloss hingegen begrenzte
Zugeständnisse nicht aus. «Lieber jetzt schnell und einfach, als
langsam und hoch kompliziert», sagte er in Bezug auf die
Verhandlungen mit den USA. Die von Trump eingeführten Zölle
gefährdeten deutsche Unternehmen. Besonders für die
Automobilindustrie, die chemische Industrie, die pharmazeutische
Industrie, den Maschinenbau und die Stahl- und Aluminiumbranche
brauche es eine Lösung.

Trump droht mit weiteren Zöllen, falls Einigung ausbleibt 

Merz äußerte sich vor dem Hintergrund, dass Trump ab dem 9. Juli noch
mehr Zölle in Kraft treten lassen will, wenn die EU den USA in
Handelsfragen nicht entgegenkommt. Der Republikaner begründet seinen
Kurs vor allem damit, dass er angebliche Handelsungleichgewichte
korrigieren will. 

Zugleich sollen Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures
Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise
gegenzufinanzieren. Die EU-Kommission sieht die Zölle hingegen als
nicht gerechtfertigt und unvereinbar mit den Regeln der
Welthandelsorganisation (WTO) an. 

Von der Leyen: EU bereit für Gegenmaßnahmen 

Für den Fall, dass es keine annehmbare Einigung mit den USA gibt,
will die Behörde schnell Gegenzölle verhängen. Von der Leyen betonte,

dass man bereit sei, die europäischen Interessen falls nötig zu
verteidigen und eine Liste mit «Ausgleichsmaßnahmen» besprochen habe.

Merz äußerte Unterstützung für diesen Kurs. «Wenn es keine
Vereinbarung über die Zölle gibt, dann ist die Europäische Union
bereit und in der Lage, auch entsprechende eigene Maßnahmen zu
ergreifen», sagte er. 

Einigung in den Verhandlungen zwischen China und den USA 

Im Konflikt zwischen China und den USA scheint indes ein Schritt zur
Deeskalation gelungen zu sein. Nach Angaben beider Länder konnten
sich die Verhandler auf ein Ende bestimmter Handelsbeschränkungen
einigen. Wie das Handelsministerium in Peking mitteilte, wird China
Anträge für die Ausfuhr «kontrollierter Güter» prüfen und geneh
migen,
welche den Bestimmungen entsprechen. Die USA würden im Gegenzug eine
Reihe «restriktiver Maßnahmen» gegen China aufheben, hieß es weiter

US-Präsident Donald Trump hatte zuvor eine unterzeichnete
Vereinbarung mit China erwähnt - jedoch viele Fragen offengelassen.
US-Handelsminister Howard Lutnick bestätige anschließend im Interview
der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, dass der Deal mit China
unterschrieben worden sei. 

Wegen Chinas Exportbeschränkungen auf seltene Erden geriet zuletzt
die Industrie außerhalb der Volksrepublik deutlich unter Druck. Auch
in Deutschland sorgen sich Unternehmen etwa in der Automobilbranche
oder im Maschinenbau über den Nachschub der wichtigen Metalle, die
etwa für Sensoren oder in Elektromotoren verbaut werden. 

Wird die WTO langfristig ersetzt? 

Ausgelöst durch die drohenden Handelskriege gibt es in der
Europäischen Union eine neue Idee: ein Ersatz für die inzwischen
weitgehend handlungsunfähige Welthandelsorganisation (WTO). Von der
Leyen brachte beim EU-Gipfel eine «Neugestaltung» der Organisation
ins Spiel. 

Merz sprach sogar von einer «neuen Art von Handelsorganisation», die
schrittweise ersetzen könnte, «was wir mit der WTO heute nicht mehr
haben». Der CDU-Vorsitzende meint damit Mechanismen zur Beilegung von
Handelsstreitigkeiten. Die Europäische Kommission könnte solche
Mechanismen für neue Handelsabkommen der EU etablieren, sagte Merz. 

Die WTO wurde 1995 zum Abbau weltweiter Handelshemmnisse gegründet.
Sie leidet seit Jahren unter zunehmendem Protektionismus, veralteten
Regeln und der Blockade seines Berufungsgremiums. Reformen
scheiterten bislang an der Uneinigkeit der Mitglieder.