100 bayerische Wünsche für europäischen Richtungswechsel
01.07.2025 17:07
Für Bayerns Kabinett zu Gast in Brüssel. Themen gibt es laut
Ministerpräsident Söder viele. Die Forderungsliste ist so lang, dass
Kommissionspräsidentin von der Leyen jetzt ein neues Buch hat.
München/Brüssel (dpa/lby) - Wie im Bund wünscht sich CSU-Chef Markus
Söder auch in der EU einen Politikwechsel. Die Probleme seien
drängend und Europa brauche einen Richtungswechsel, wie ihn die Union
auch in Deutschland zu organisieren versuche, sagte der bayerische
Ministerpräsident nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen und weiteren Vertretern der Kommission. Söder
überreichte von der Leyen eine lange Liste an Forderungen und
Reformvorschlägen.
«Wir wollen Europa, wir wollen Verbesserungen. Deswegen haben wir ein
Paket, ein Bayern-Paket, mit 100 Forderungen auf 70 Seiten», sagte
Söder bereits vor seinem Abflug in München. Im Kern gehe es dabei um
mehr Freiheit und weniger Bürokratie. In der EU gebe es «unglaublich
viele Detailvorschriften bei Landwirtschaft, bei Datenschutz». Auch
im Bereich der Künstlichen Intelligenz drohe eine überbordende
Bürokratie. «Das macht Europa schwächer. Das schafft keine Freiheit
für Unternehmen.» Zudem müssten die Rahmenbedingungen für die
Autoindustrie gestärkt werden.
«Man merkt, das sind die gleichen Themen, die uns beschäftigen, in
Bayern und hier auch in Europa. Ganz vorne sehen wir uns auf der
Ebene der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit», sagte von der Leyen.
Ruf nach schnellen Zollverhandlungen mit den USA
Mit Blick auf die Handelsbeziehungen zu den USA betonte Söder, wie
auch schon Kanzler Friedrich Merz (CDU), dass es schnell
Zollverhandlungen brauche und zwar nicht endlos über alle Themen,
«sondern wie sagt man so schön, quick and easy, beispielsweise mit
Auto, mit Maschinen, mit Chemie, mit einigen wenigen Branchen
beginnen». Ohne schnelle Zollabkommen werde es für die Industrie
«ganz schwierig werden, auf Dauer dort zu bestehen».
Jedoch rechnet auch Söder nicht mit einer vollständigen Rücknahme von
den angedrohten Handelsabgaben. «Ich glaube nicht, dass es gelingen
kann, dass die Amerikaner alles zurücknehmen, aber es gilt, das
deutlichst zu reduzieren», sagte er auf Nachfrage der Deutschen
Presse-Agentur. «Aber wenn es bei der höchsten Zollfrage bleibt und
wenn es dann zu einem Zollkrieg kommt, der ist für uns in der
Wirtschaft höchst schädlich, auch für die Automobilindustrie zum
Beispiel, die für Deutschland wichtig ist.» Deswegen sei es wichtig,
einen Deal abzuschließen.
Von der Leyen lobt bayerische Bewerbung um KI-Gigafactory
Söder unterstrich erneut das Interesse der Staatsregierung für die
Ansiedlung einer europäischen Gigafactory für Künstliche Intelligenz
in Bayern. Die EU will bis zu fünf KI-Gigafabriken errichten, mit
denen Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen Zugang zu
höchster Rechenleistung für komplexeste KI-Modelle erhalten können.
Neben Bayern bewirbt sich auch die österreichische Hauptstadt Wien um
die Technologieansiedlung.
Von der Leyen lobte ihrerseits das Interesse Bayerns an der
Gigafabrik - kaum eine andere europäische Region könne Innovation so
wie der Freistaat. Weitergehende Äußerungen oder gar eine Zusage zur
bayerischen Bewerbung waren aber nicht zu hören. Zugleich betonte
sie, dass die EU weiterhin Bayerns Unternehmen und Projekte - etwa
zur Raumfahrt - unterstützen werde.
Treffen mit Nato-Generalsekretär Rutte
Bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte wollte sich
Söder zudem dafür einsetzen, dass die Nato sich finanziell am George
Marshall Zentrum für europäische Sicherheitsstudien engagiert. Auch
Bayern sei bereit, sich finanziell zu beteiligen, «weil wir wollen
alles, was der Sicherheit dient, auch in Bayern». Das
deutsch-amerikanische Studienzentrum mit Sitz in
Garmisch-Partenkirchen wird bisher von den Verteidigungsministerien
der USA und Deutschland finanziert. Laut Söder werde in den USA aber
überlegt, was sie dort künftig noch finanzieren wollen.