Russland attackiert Kiew mit Drohnen und Raketen - Verletzte

04.07.2025 06:18

Erneut bringt ein heftiger Angriff die Einwohner der ukrainischen
Hauptstadt um den Schlaf. Es gibt Verletzte. Nach dem angekündigten
Waffenlieferstopp der USA hofft Selenskyj auf Hilfe aus Europa.

Kiew (dpa) - Russland hat die ukrainische Hauptstadt Kiew mit
Dutzenden Kampfdrohnen angegriffen. Bei dem Angriff wurden mindestens
14 Menschen verletzt, teilten Bürgermeister Vitali Klitschko und die
Militärverwaltung bei Telegram mit. 

«Nach vorläufigen Informationen haben wir mehrere Brände im
Stadtbezirk Solomjanka», schrieb Militärverwaltungschef Tymur
Tkatschenko bei Telegram. Es handele sich bei allen Bränden um
Wohnhäuser. Auch in anderen Stadtteilen seien durch Drohnen
verursachte Schäden festgestellt worden. Flugabwehrfeuer war
stundenlang im Stadtgebiet zu hören. 

Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte das russische Militär auch
mindestens eine Hyperschallrakete Kinschal (Dolch) ein. In mehreren
Wellen wurden zudem ballistische Raketen und Marschflugkörper auf
Ziele in Kiew und im Umland abgefeuert. Laut unbestätigten Angaben
war ein Hauptziel der Militärflugplatz Wassylkiw südlich der
Dreimillionenstadt.

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen den russischen
Angriffskrieg und drängt seine westlichen Verbündeten immer wieder zu
einer Stärkung der Flugabwehr.

Vor dem Hintergrund eines Teilstopps US-amerikanischer
Waffenlieferungen forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr
Selenskyj unterdessen die EU zur Stärkung ihrer eigenen
Rüstungsindustrie auf. «Wir müssen Europas eigene
Verteidigungsindustrie aufbauen, damit Russland uns in keinem Bereich
überlegen sein kann», sagte der Staatschef bei einem Besuch im
dänischen Aarhus. Selenskyj setzt nach eigenen Angaben trotz des
vorläufigen Lieferstopps weiter auf die Unterstützung der USA und
sucht das Gespräch mit US-Präsident Donald Trump

Opfer in Ukraine und Russland

Im ostukrainischen Gebiet Donezk waren zuvor am Donnerstag mindestens
fünf Menschen durch russische Angriffe getötet worden. Weitere zwölf

wurden verletzt, teilte der Militärgouverneur des Gebiets, Wadym
Filaschkin, bei Telegram mit. Zwei Männer seien dabei in der
frontnahen Stadt Pokrowsk getötet worden, drei weitere in den Dörfern
Bilyzke und Illiniwka. 

Ebenfalls im Osten der Ukraine wurde im Gebiet Charkiw ein Ehepaar
bei einem Drohnenangriff verletzt. Der 56 Jahre alte Mann und seine
51 Jahre alte Frau seien mit dem Auto im Bezirk Kupjansk unterwegs
gewesen, als eine Drohne ihr Fahrzeug traf, berichtete die
ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform unter Berufung auf die
regionale Staatsanwaltschaft.

Im südrussischen Gebiet Rostow wurde unterdessen eine Seniorin bei
einem ukrainischen Drohnenangriff getötet. Der Luftangriff sei zwar
abgewehrt worden, es sei aber ein Mehrfamilienhaus im Dorf Dolotinka
beschädigt worden, teilte Gouverneur Juri Sljusar bei Telegram mit.
Die Frau sei von einer eingestürzten Bodenplatte getötet worden. Die
Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Selenskyj: Waffen und Russland-Sanktionen entscheidend

Waffenlieferungen für die Ukraine sowie neue scharfe Sanktionen gegen
Russland seien entscheidend für die Sicherheit Europas, sagte
Selenskyj bei einem Abendessen anlässlich der Übernahme des
EU-Ratsvorsitzes durch Dänemark in Aarhus. Die Sanktionen seien so zu
gestalten, dass Moskau nichts mehr erhalte, was für die
Waffenherstellung verwendet werden kann. 

Trotz beispielloser Sanktionen setzt Russland seinen Krieg gegen das
Nachbarland mit unveränderter Härte fort und kontrolliert
einschließlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim fast ein
Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets. Mit einem möglichen Rückzug
der USA aus der Unterstützung der Ukraine droht Kiew der
Hauptwaffenlieferant verloren zu gehen.

US-Medien hatten in der Nacht zum Mittwoch von einem amerikanischen
Lieferstopp bestimmter Raketen und Munition an die Ukraine berichtet
- obwohl diese schon zugesagt waren. Das ukrainische
Verteidigungsministerium teilte daraufhin mit, dass es offiziell
nicht über eine «Einstellung oder Revision der Lieferpläne für die

vereinbarte Militärhilfe» informiert worden sei. Man habe ein
Telefongespräch mit den US-Kollegen für eine zusätzliche Klärung de
r
Details angefragt.

Dänemark: Europa muss US-Lücken bei Ukraine-Hilfen füllen

Ein möglicher US-Waffenlieferstopp muss aus auch Sicht des neuen
EU-Ratsvorsitzenden Dänemark von den europäischen Staaten aufgefangen
werden. Natürlich wäre es ein großer Rückschlag für die Ukraine,

Europa und die Nato, wenn die USA sich dazu entschieden, der Ukraine
nicht das zu liefern, was sie brauche, sagte die dänische
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen auf einer Pressekonferenz mit
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Aarhus. Man werde
sich die in Washington getätigten Entscheidungen anschauen, und wenn
daraus Lücken entstünden, dann müssten diese gefüllt werden, sagte

Frederiksen. «Wir als Europäer müssen liefern, was auf dem
Schlachtfeld benötigt wird.» 

Selenskyj sucht das Gespräch mit Trump

Der ukrainische Staatschef setzt darauf, zeitnah mit US-Präsident
Trump über den Waffenlieferstopp für sein Land sprechen zu können. Er

hoffe, vielleicht schon am Freitag oder in den kommenden Tagen mit
Trump über die US-Unterstützung reden zu können, sagte Selenskyj in
Aarhus. «Zunächst einmal: Wir setzen auf die Fortsetzung der
amerikanischen Unterstützung», betonte er. Manches könnten die
europäischen Staaten nicht liefern, etwa Raketen für die so wichtigen
Patriot-Flugabwehrsysteme.

Putin fordert Diplomatie und beharrt auf seinen Forderungen

Trump sprach unterdessen mit dem russischen Präsidenten Wladimir
Putin über ein mögliches Ende des Ukraine-Kriegs. Nach Angaben aus
dem Kreml forderte Putin bei dem Telefonat grundsätzlich eine
diplomatische Lösung von Konflikten. «Er hat die Bereitschaft der
russischen Seite zur Fortsetzung des Verhandlungsprozesses (mit der
Ukraine) erklärt», teilte Putins außenpolitischer Berater Juri
Uschakow nach Abschluss des knapp einstündigen Gesprächs mit. Moskau
werde dabei aber nicht von seinen Zielen zur Beseitigung der Ursache
des Konflikts abrücken.

Russland hatte den Krieg gegen die Ukraine mit der Begründung
begonnen, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine die eigene nationale
Sicherheit gefährde und dass Moskau die russischsprachige Minderheit
im Nachbarland schützen müsse. Zudem stellt Russland inzwischen
Ansprüche auf mehrere Gebiete in der Ost- und Südukraine.

US-Präsident Trump äußerte sich auf Nachfrage von Journalisten nur
vage zu dem Telefonat mit Putin. Man habe unter anderem über den Iran
und den Krieg in der Ukraine gesprochen. Er sei «nicht glücklich»,
sagte Trump. Es habe keinen Fortschritt gegeben.