EU-Finanzminister billigen Defizitverfahren gegen Österreich
08.07.2025 15:58
Wien muss sich wegen hoher Neuverschuldung einer unangenehmen
Prozedur stellen. Überraschend kommt das aber nicht.
Brüssel (dpa) - Wegen zu hoher Neuverschuldung hat der Rat der
Europäischen Union grünes Licht für ein Strafverfahren gegen
Österreich gegeben. Das Gremium der Regierungen der
EU-Mitgliedstaaten folgte damit einer Empfehlung der EU-Kommission
aus dem vergangenen Monat. Die für die Überwachung der europäischen
Schuldenregeln zuständige Behörde hatte mitgeteilt, das Alpenland
weise ein übermäßiges Defizit auf.
Bis 2028 soll das Defizit wieder unter die EU-Obergrenze von drei
Prozent gebracht werden, dafür muss Wien nun bis Mitte Oktober
Maßnahmen vorlegen. Österreich habe entsprechende Sparmaßnahmen
bereits im Budgetgesetz festgeschrieben, sagte Finanzminister Markus
Marterbauer (SPÖ). Sein Land sei «auf sehr gutem Weg, plangemäß das
Defizit abzubauen», zitierte ihn die österreichische
Nachrichtenagentur APA.
Kam für Wien nicht überraschend
Das Verfahren kommt für Österreich nicht überraschend. Voriges Jahr
betrug das staatliche Defizit der Alpenrepublik 4,7 Prozent der
Wirtschaftsleistung - es liegt damit deutlich über der EU-Obergrenze.
Gleichzeitig steckt Österreich in einer Wirtschaftskrise mit starker
Teuerung, schwacher Konsumnachfrage und anhaltender Rezession.
Strafverfahren sollen für solide Haushaltsführung sorgen
Das Regelwerk für Haushaltsdefizite und Staatsschulden erlaubt eine
Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP), gleichzeitig darf der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60
Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Ob die EU-Länder
die Regeln einhalten, wird von der Europäischen Kommission
überwacht.
Ziel der sogenannten Defizitverfahren ist es, Staaten zu solider
Haushaltsführung zu bringen. Theoretisch sind bei anhaltenden
Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis
wurden diese aber noch nie verhängt.
Land muss Gegenmaßnahmen einleiten
Wird ein Strafverfahren eingeleitet, muss ein Land Gegenmaßnahmen
einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll vor
allem die Stabilität der Eurozone gesichert werden. Auch gegen
Frankreich, Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien und die
Slowakei ist derzeit ein Defizitverfahren anhängig.