Athen: Bearbeiten vorerst keine Asylanträge von Migranten aus Libyen
09.07.2025 15:27
Immer mehr Flüchtlinge kommen täglich von Libyen aus auf der
griechischen Insel Kreta an. Ein Vermittlungsversuch der EU ist
gescheitert - nun will Athen Fakten schaffen.
Athen (dpa) - Die griechische Regierung will für mindestens drei
Monate keine Asylanträge für Migranten mehr bearbeiten, die das Land
von Libyen aus über den Seeweg erreichen. Migranten, die derzeit in
großer Zahl auf der Insel Kreta ankommen, sollen zudem festgesetzt
werden, wie Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Parlament
ankündigte, ohne Details zu nennen. Die Europäische Kommission sei
informiert worden. Am Donnerstag soll eine entsprechende gesetzliche
Neuregelung beschlossen werden.
Am Dienstag war ein Versuch der EU-Kommission gescheitert, in Libyen
Gespräche mit Vertretern der beiden verfeindeten Regierungen im
Westen sowie im Osten des Landes zu führen. Die von
Migrationskommissar Magnus Brunner angeführte Delegation musste ihre
Reise vorzeitig abbrechen. «Die geplanten Treffen in Bengasi konnten
letztlich nicht stattfinden», teilte Brunner auf X mit. Ein
Kommissionssprecher nannte als Grund «protokollarische Probleme». Die
Ost-Regierung warf der Delegation vor, nach Ankunft in Bengasi gegen
«diplomatische Regeln» verstoßen zu haben und ohne Erlaubnis
eingereist zu sein.
Als Transitland für Migranten auf dem Weg nach Europa steht Libyen
seit Langem im Fokus der Bemühungen der Europäer, die Migration
einzudämmen. Doch in dem Land brach nach dem Sturz von Machthaber
Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg aus und bis heute kämpfen
unzählige Milizen und die zwei verfeindeten Regierungen um Macht und
Einfluss. Im Westen sitzt Ministerpräsident Abdul Hamid Dbeibah, im
Osten Regierungschef Osama Hammad, der vom abtrünnigen General
Chalifa Haftar unterstützt wird.
Neue Fluchtroute
Derzeit erreichen täglich Hunderte Migranten aus Libyen Kreta mit
Booten. In den vergangenen zwei Tagen wurden von der Küstenwache rund
2.000 Ankünfte gemeldet. Weitere 520 Migranten erreichten Kreta
demnach in der Nacht zum Mittwoch.
Kreta ist schlecht auf die vielen Menschen vorbereitet. Die Migranten
müssten in den Häfen der Mittelmeerinsel unter der prallen Sonne od
er
in Lagerhallen ausharren, bevor sie in kleineren Gruppen aufs
Festland gebracht werden, berichteten kretische Medien.
Mittlerweile wird die Zahl der in diesem Jahr auf Kreta angekommenen
Migranten aus Libyen auf knapp 10.000 geschätzt. Das entspricht einer
Steigerung von 350 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die
Behörden versuchen, die Menschen zu registrieren. Mehr als die Hälfte
der Ankömmlinge seien junge Männer, die hauptsächlich aus dem Sudan
stammten, berichteten kretische Medien unter Berufung auf die
Polizei.