EU: Israel akzeptiert mehr Hilfe für Gazastreifen
10.07.2025 16:07
Die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen sorgt in der EU
seit Monaten für Empörung und Entsetzen. Nun gibt es nach neuem Druck
auf Israel einen Deal für mehr Hilfslieferungen.
Brüssel (dpa) - Israel akzeptiert nach Angaben der EU eine bessere
Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung im abgeriegelten
Gazastreifen. Wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mitteilte,
wurde eine entsprechende Vereinbarung geschlossen. Darin geht es
unter anderem um eine deutliche Erhöhung der Zahl der täglichen
Lebensmittellieferungen und anderer Hilfsgüter per Lastwagen.
Israels Außenminister Gideon Saar bestätigte die Vereinbarung bei
einer Pressekonferenz in Wien: «Nach unserem Dialog mit der EU hat
unser Sicherheitskabinett am Sonntag weitere Beschlüsse zur
Verbesserung der humanitären Lage in Gaza gefasst.» Nach Saars Worten
wird die Konsequenz der Vereinbarung «mehr Lastwagen, mehr Übergänge
und mehr Routen» sein.
Mehr offene Grenzübergänge
Konkret sollen mehr Grenzübergänge zu dem Küstengebiet öffnen und d
ie
jordanischen und ägyptischen Hilfsrouten wieder genutzt werden
können. Bäckereien und öffentliche Küchen im Gazastreifen sollen
Lebensmittel verteilen können. Auch ist vorgesehen, dass wieder
Treibstoff an Hilfsorganisationen geliefert wird. Helfer sollen
geschützt und die Reparatur und Arbeit an Infrastruktur wie der
Stromversorgung und einer Wasserentsalzungsanlage erleichtert
werden.
Die Maßnahmen sollen nach EU-Angaben in den kommenden Tagen in Kraft
treten. Dabei solle auch sichergestellt werden, dass keine Hilfe an
die Hamas umgeleitet werde.
Druck auf Israel zuletzt erhöht
EU-Staaten hatte ihren Druck auf die israelische Regierung in den
vergangenen Wochen deutlich erhöht. Auslöser war ein interner Bericht
des Auswärtigen Dienstes, nach dem Israel mit seinem Vorgehen im
Gazastreifen gegen festgelegte Grundsätze für eine enge
Zusammenarbeit mit der EU verstößt. Mitgliedsstaaten wie Spanien
forderten zuletzt sofortige Konsequenzen wie das Aussetzen des seit
2000 gültigen Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Israel.
Humanitäre Lage im Gazastreifen katastrophal
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist nach Angaben der UN und
internationaler Hilfsorganisationen katastrophal. Organisationen
warnen vor einer Hungerkatastrophe in dem umkämpften Gebiet. Die Not
in der Bevölkerung ist groß. In der Vergangenheit gab es immer wieder
Berichte über Plünderungen von Lagern oder Lastwagen mit Hilfsgütern.
Für die Verteilung von Hilfsgütern ist derzeit die von Israel und den
USA unterstützte Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zuständig. Diese
hatte im Mai nach einer fast dreimonatigen israelischen Blockade von
Hilfslieferungen ihren Einsatz begonnen. Dieser sollte eine
Alternative zum Einsatz der UN und von Hilfsorganisationen
darstellen. Israel und die USA wollen so verhindern, dass sich die
Hamas humanitäre Hilfsgüter aneignet.
Stiftung umstritten
Die Stiftung ist umstritten, zuletzt kam es immer wieder zu tödlichen
Zwischenfällen nahe ihrer Zentren. Die israelische Behörde Cogat, die
für Palästinenserangelegenheiten zuständig ist, informiert in den
sozialen Medien über die Einfuhr von Lkw mit Hilfsgütern. Medien
berichteten kürzlich über eine Ausweitung der Hilfslieferungen für
den nördlichen Gazastreifen.
Bisher kamen Lkw über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden in dem
abgeriegelten Küstenstreifen an. Cogat teilte zuletzt mit, dass Lkw
auch über den Grenzübergang Zikim im Norden einfahren konnten.
Auslöser war Überfall der Terrororganisation Hamas
Auslöser des seit 21 Monaten andauernden Gaza-Krieges war der
Überfall der Terrororganisation Hamas und anderer islamistischer
Organisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200
Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt
wurden. Seither wurden laut der von der Hamas kontrollierten
Gesundheitsbehörde mehr als 57.000 Palästinenser in Gaza getötet. Die
Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.
Kein Durchbruch bei Verhandlungen um Waffenruhe
Derweil laufen die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg auf
Hochtouren. Zwischen Israel und der Hamas gibt es Medienberichten
zufolge jedoch noch Klärungsbedarf bei einigen Streitpunkten. Nach
Angaben der Hamas wird noch weiter diskutiert über die Bereitstellung
von Hilfsgütern, den Abzug der israelischen Armee aus dem
Gazastreifen und «echte Garantien für einen dauerhaften
Waffenstillstand».
Die US-Regierung hatte zuletzt ihre Hoffnung auf eine Waffenruhe bis
Ende dieser Woche geäußert - Präsident Donald Trump hält nun aber
auch die nächste Woche für möglich.
Trump hatte sich in den vergangenen Tagen zwei Mal mit dem
israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington
getroffen und über Gaza gesprochen. Einem Bericht der
US-Nachrichtenseite «Axios» ging es dabei um den teilweisen Rückzug
der israelischen Truppen während der Waffenruhe, der für
Unstimmigkeiten sorge.
Die Hamas erklärte, man arbeite trotz der derzeitigen Schwierigkeiten
bei den Verhandlungen «aufgrund der Unnachgiebigkeit» Israels «weiter
ernsthaft und positiv mit den Vermittlern zusammen, um die
Hindernisse zu überwinden». Israels Regierungschef Netanjahu sagte
der «Times of Israel» zufolge, dass weder er noch US-Präsident Trump
einem Abkommen «um jeden Preis» zustimmen würden.