Streit um Kosten für Abwasserreinigung tobt vor EU-Gericht
11.07.2025 13:05
Durch Pillen kommen Mikroschadstoffe ins Wasser. Wer die Reinigung
zahlt, bestimmt eine EU-Regel. Die Pharmabranche warnt vor Folgen für
Patienten und kämpft vor Gericht - nun mischen sich andere ein.
Brüssel (dpa) - Der Streit um die Kostenbeteiligung von Pharma- und
Kosmetikfirmen bei der Abwasserreinigung tobt weiter. Nach Klagen
mehrerer Pharmafirmen beim Gericht der EU gegen eine Kostenübernahme
wollen nun der Bundesverband der Deutschen Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW) sowie der Verband kommunaler Unternehmen
(VKU) in den Rechtsstreit eintreten.
Konkret geht es um die sogenannte erweiterte Herstellerverantwortung,
die im Rahmen einer Anfang des Jahres in Kraft getretenen
EU-Richtlinie «über die Behandlung von kommunalem Abwasser» gilt.
Demnach müssen Pharma- und Kosmetikfirmen künftig mindestens 80
Prozent der zusätzlichen Kosten für eine vertiefte Reinigung des
Abwassers tragen. Durch Arzneien und Kosmetikprodukte kommen
Mikroschadstoffe ins Abwasser.
Industrie reichte Klage ein
Zahlreiche Pharmaunternehmen hatten deshalb Klage beim Gericht der EU
eingereicht und wollen die erweiterte Herstellerverantwortung
streichen. Sie bekommen Rückendeckung von Pharmaverbänden. Wie ein
Gerichtssprecher bestätigte, sind insgesamt 16 Nichtigkeitsklagen
anhängig. Bei einer Nichtigkeitsklage werden Rechtsakte überprüft,
die von den verschiedenen EU-Organen erlassen werden.
Verbände wollen EU-Institutionen unterstützen
VKU und BDEW wollen nun als sogenannte Streithelfer vor Gericht das
Europäische Parlament und die EU-Länder unterstützen und damit «die
Wahrnehmung der Interessen der deutschen Wasserwirtschaft in dem
Verfahren sicherstellen», wie sie mitteilten. Über den Antrag muss
noch entschieden werden.
Auch der deutsche Städtetag hatte sich kritisch geäußert. Wenn die
Herstellerverantwortung wegfalle, landeten die höheren
Reinigungskosten für Abwasser bei den Gebührenzahlerinnen und
-zahlern in Städten, warnte er.
Pharma-Verband warnt vor möglichen Arzneiengpässen
Auf der anderen Seite fürchtet etwa der Verband Pro Generika
Milliardenkosten, die zu verstärkten Arzneiengpässen in Deutschland
führen könnten. Da im Erstattungssystem hierzulande die
Arzneimittelpreise nicht einfach erhöht werden könnten, drohe die
Produktion von einigen Medikamenten unwirtschaftlich zu werden.
Besonders betroffen sei das Diabetes-Medikament Metformin. Die
Kommunale Abwasserrichtlinie würde zu einem Rückzug von Herstellern
führen. Fast drei Millionen Patienten müssten dann auf teurere
Alternativen umsteigen.