Nach Trump-Brief: EU legt neue Liste für Gegenzölle vor Von Ansgar Haase, dpa
14.07.2025 17:06
Die EU packt angesichts der Eskalation des Zollkonflikts durch
US-Präsident Donald Trump ihre Druckmittel aus. Werden auf US-Exporte
im Milliardenwert bald neue EU-Zölle fällig?
Brüssel (dpa) - Die EU bereitet nach den neuen Zollankündigungen von
US-Präsident Donald Trump zusätzliche Gegenzölle auf Importe aus den
USA im Wert von 72 Milliarden Euro vor. Bei einem
Handelsministertreffen in Brüssel habe es Einigkeit darüber gegeben,
dass man für den Fall der Fälle gewappnet sein sollte, erklärte der
zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic in einer Pressekonferenz.
Gleichzeitig machte er deutlich, dass sich die EU bis Anfang August
weiter um eine Verhandlungslösung bemühen wird. Ab dann will Trump
nach seiner Ankündigung vom vergangenen Samstag Zölle in Höhe von 30
Prozent auf Einfuhren aus der EU erheben.
Sefcovic warnte, dass die Umsetzung der Trump-Pläne drastische
Auswirkungen auf den transatlantischen Handel haben würde. «Seien wir
ehrlich: Ein Zollsatz von 30 Prozent käme einem faktischen
Handelsverbot gleich», sagte er. Wenn er in Kraft treten sollte, sei
mit erheblichen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des
Atlantiks zu rechnen.
List umfasste zunächst Importe im Wert von 95 Milliarden Euro
Bei den Vorbereitungen für die Gegenmaßnahmen geht es um eine Liste
mit Industrie- und Agrarerzeugnissen aus den USA, die von neuen
Zöllen der EU betroffen sein sollen, falls die europäischen
Bemühungen für eine gütliche Einigung scheitern. Sie wurde nach einer
öffentlichen Konsultation zuletzt noch einmal etwas angepasst.
Ursprünglich umfasste sie Importe aus den USA in die EU im Wert von
sogar 95 Milliarden Euro.
Welche Produkte vorerst von der Liste gestrichen wurden, sagte
Sefcovic bisher nicht. Er erklärte lediglich, dass sie nun noch
einmal von den Mitgliedstaaten diskutiert werden kann. Auf der ersten
Vorschlagsliste hatten auch symbolisch relevante US-Erzeugnisse wie
Flugzeuge, Autos und Bourbon Whiskey gestanden.
Trump-Brief bringt «völlig andere Dynamik»
Über das Vorgehen von Trump äußerten sich bei dem Treffen sowohl
Sefcovic als auch die derzeitige dänische EU-Ratspräsidentschaft
schwer enttäuscht. «Wir haben wochenlang über eine
Grundsatzvereinbarung verhandelt, und ich denke, wir waren fast am
Ziel», sagte der EU-Kommissar. Trumps Brief bringe nun «eine völlig
andere Dynamik».
Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen nannte Trumps
Ankündigung in seiner Funktion als Vorsitzender des EU-Handelsrats
«absolut inakzeptabel und ungerechtfertigt». Auch er machte deutlich,
dass die USA im Fall einer Umsetzung ihrer Ankündigungen mit
entschlossenen Gegenmaßnahmen rechnen müssen.
Bereits beschlossen sind Gegenzölle für den Fall, dass die vor
Monaten eingeführten neuen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte
nicht wieder aufgehoben werden. Sie betreffen nach früheren
EU-Angaben Ausfuhren der Vereinigten Staaten im Wert von insgesamt 21
Milliarden Euro und könnten zu den Zöllen auf die Exporte im Wert von
72 Milliarden Euro hinzukommen.
Zudem bereitete die EU-Kommission zuletzt auch Beschränkungen
bestimmter EU-Exporte von Stahlschrott und chemischen Erzeugnissen in
die USA im Wert von 4,4 Milliarden Euro vor. Und sie schließt
ausdrücklich auch die Nutzung des neuen EU-Instruments gegen
Zwangsmaßnahmen nicht aus. Mit diesem könnte zum Beispiel
US-Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen in der EU
versperrt werden.
Drohender Handelskrieg
Zu den weiteren Verhandlungen sagte Sefcovic, er habe trotz des
Briefes von Trump das Gefühl, dass auch seine US-amerikanischen
Gesprächspartner bereit zu weiteren Verhandlungen seien. Er sei
hundertprozentig überzeugt, dass eine Verhandlungslösung viel besser
sei als die Spannungen, die im Fall einer weiteren Eskalation nach
dem 1. August entstehen könnten, sagte Sefcovic: «Diese Sache wird
sonst nicht gut ausgehen.»
Als besonders verwundbar in einem Handelskrieg gilt die stark
exportorientierte deutsche Wirtschaft. Nach einer Analyse der
Bundesbank ist fast jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande vom Export
abhängig, der bereits 2024 schrumpfte und nun wegen des Zollstreits
mit den USA unter zusätzlichem Druck steht.
Öffentliche Äußerungen der Bundesregierung gab es am Montag beim
Handelsministertreffen nicht. Die zuständige Wirtschaftsministerin
Katherina Reiche (CDU) ließ sich von Staatssekretär Thomas Steffen
vertreten.