Schenk warnt vor Zentralisierung in der EU
15.07.2025 12:39
Am Mittwoch stellt die EU-Kommission Eckpunkte ihres mehrjährigen
Finanzrahmens vor. Unklar ist, ob Sachsen auch künftig von EU-Geldern
so profitieren kann wie bisher.
Brüssel/Dresden (dpa/sn) - Der sächsische EU-Politiker Oliver Schenk
(CDU) erteilt Überlegungen für eine Zentralisierung von
Zuständigkeiten in der Europäischen Union eine Absage. Es dürfe nicht
sein, dass die Kommission künftig nur noch mit den Regierungen der
Länder verhandelt und die Regionen außen vor bleiben, sagte er vor
Medienvertretern. Europa werde nicht stärker, wenn man die Regionen
schwäche.
Schenk: Europas Stärke liegt in den Regionen
«Wenn man Strukturpolitik zentralisiert, dann verkennt man, wo
Europas Stärke und Kraft eigentlich entsteht. Und das ist nämlich vor
Ort, weil man vor Ort am besten weiß, welche Dinge notwendig sind»,
betonte Schenk, der vormals die Staatskanzlei in Dresden leitete und
im vergangenen Jahr als sächsischer CDU-Spitzenkandidat in das
Europaparlament wechselte. Dort gehört er der EVP-Fraktion, der
größten des EU-Parlaments.
Nur vor Ort sei klar, wo die tatsächlichen Probleme liegen, sagte
Schenk. «Das hat uns immer stark gemacht, wenn Regionen untereinander
im Wettbewerb sind.» Das Mikroelektronik-Cluster in Dresden hätte
sich in dieser Form wohl nicht so entwickelt, wäre es allein von
Berlin aus gesteuert worden. Das sei vielmehr eine bewusste
Entscheidung der damaligen sächsischen Regierung in den 1990er Jahren
gewesen.
Am Mittwoch stellt die EU-Kommission das Gerüst ihres mehrjährigen
Finanzrahmens vor (MFR). Der Haushaltsplan legt fest, wie viel die EU
ausgeben kann und wofür das Geld in einem Zeitraum von sieben Jahren
verwendet wird. Der aktuelle MFR läuft 2027 aus und umfasste rund 1,1
Billionen Euro für Bereiche wie Klimaschutz, digitale Innovation,
Landwirtschaft, Forschung und regionale Entwicklung. Der neue Plan
soll neben Wettbewerbsfähigkeit auch Verteidigung und die Sicherung
Außengrenzen stärker in den Fokus rücken.
Schenk befürchtet Nachteile für sächsische Landwirtschaft
Schenk befürchtet, dass in der neuen Förderperiode ab 2028 die
sächsische Landwirtschaft benachteiligt sein könnte, weil die EU
künftig vor allem kleine bäuerliche Strukturen unterstützen will.
Damit wären die großflächigen, und «viel wettbewerbsfähigeren,
effizienteren Strukturen benachteiligt». Ein sächsischer Agrarbetrieb
bewirtschafte im Schnitt eine Fläche von rund 138 Hektar und sei
damit gut doppelt so groß wie der durchschnittliche deutsche
Betrieb.
Laut Schenk hat Sachsen in den vergangenen drei Jahrzehnten erheblich
von EU-Geldern profitiert. Seit 1990 seien rund 20 Milliarden Euro
aus Europa nach Sachsen geflossen - 14 Milliarden davon in
Infrastruktur, Stadterneuerung, Unternehmensansiedlungen,
Umweltschutzmaßnahmen oder den Ausbau der Wasserversorgung, sechs
Milliarden in die Landwirtschaft. 1990 habe die Wirtschaftskraft
Sachsens bei 30 Prozent des europäischen Durchschnitts gelegen, heute
bei 92 bis 95 Prozent.
Dennoch hält der CDU-Politiker eine weitere Förderung Sachsens für
erforderlich. Der Freistaat sei besonders von der demografischen
Entwicklung betroffen und leiste etwa mit der Chipindustrie einen
Mehrwert für ganz Europa, argumentierte er. Für die Ansiedlung von
Unternehmen wie TSMC müsse Sachsen erhebliche Mittel für die
Erschließung der Infrastruktur bereitstellen, während am Ende ganz
Europa von den hier gefertigten Chips profitiere.