EU-Kommission will mehrjähriges Billionen-Budget reformieren Von Katharina Redanz, dpa

16.07.2025 05:01

In Europa braucht es Geld für Verteidigung, die Landwirtschaft und
strukturschwache Regionen - doch wo kommt es künftig her und wie soll
es verteilt werden? Die EU-Kommission will einiges verändern.

Brüssel (dpa) - Landwirte in der EU müssen sich nach dem Willen der
Europäischen Kommission auf Veränderungen bei den milliardenschweren
Zahlungen aus Brüssel einstellen. Wie aus einem Entwurf der
Europäischen Kommission für den neuen langfristigen Haushalt der EU
hervorgeht, will die Brüsseler Behörde den Geldtopf für die
Agrarpolitik mit anderen Politikbereichen zusammenlegen. Auch die
Förderkriterien könnten sich ändern. Der Entwurf liegt der Deutschen

Presse-Agentur vor.

An diesem Mittwoch will die EU-Kommission Vorschläge für den
wahrscheinlich billionenschweren EU-Mehrjahreshaushalt ab 2028
vorlegen. Sie hatte bereits angekündigt, das derzeit mit zahlreichen
unterschiedlichen Programmen komplizierte Budget zu reformieren - und
dabei vor allem vereinfachen und flexibler gestalten zu wollen. Dabei
müssen unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden.
So soll mehr Geld für die Aufrüstung gegen Russland ausgegeben werden
- gleichzeitig laufen Landwirte gegen mögliche Kürzungen Sturm und
finanzstarke EU-Staaten wie Deutschland wollen nicht tiefer in die
Tasche greifen. 

Was ist der mehrjährige EU-Haushalt?

In dem langfristigen Etat werden die Obergrenzen der jährlichen
Ausgaben der EU sowie deren Verwendung festgelegt. Der sogenannte
Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) wird jeweils für sieben Jahre
aufgestellt und zunächst von der Europäischen Kommission
vorgeschlagen, bevor er von den EU-Staaten und dem Europaparlament
diskutiert wird. 

Für die Jahre 2021 bis 2027 umfasst er rund 1,1 Billionen Euro. Mit
jeweils mehr als 400 Milliarden Euro fließt derzeit das mit Abstand
meiste Geld in Europas Landwirtschaft und die sogenannte
Kohäsionspolitik. Mit diesen Mitteln für die Strukturförderung soll
wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen geholfen werden, um
ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen.

Was soll mit den bislang großen Posten passieren?

Wie viel Geld der Haushalt insgesamt umfassen soll, geht aus dem
Entwurf nicht hervor. Aber es soll demnach künftig insgesamt weniger
Programme geben, auch soll weniger Geld fest verplant sein - um in
einem sich rasch entwickelnden globalen Umfeld agieren und reagieren
zu können, wie es heißt.

Für die Landwirtschaft und die Regionen soll es große Veränderungen
geben. Demnach soll es nach Willen der Kommission künftig lediglich
einen großen Fonds geben, aus dem das Geld für die Strukturförderung

und die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) kommt. Auch Mittel für
Sicherheit und Verteidigung sollen mit in dem Fonds gebündelt werden.

Was ist für die Agrargelder geplant?

Während derzeit große Landwirtschaftsbetriebe besonders von den
Geldern profitieren, will die Kommission nun unter anderem, dass
Mitgliedsstaaten den jährlichen Betrag der flächenbezogenen Gelder ab
einer bestimmten Grenze kürzen. Kleine Betriebe könnten ebenso wie
Jungbauern mehr unterstützt werden.

Weil alle Bauern eigentlich mehr Geld wollen, haben sie sich für
diesen Mittwoch in Brüssel zu einem Protestmarsch verabredet.
Hunderte Teilnehmer aus verschiedenen EU-Ländern werden erwartet -
darunter eine Gruppe deutscher Landwirte. Für die deutschen Bauern
ist die EU-Agrarfinanzierung ein bedeutender Einkommensfaktor - mit
derzeit insgesamt 6,3 Milliarden Euro im Jahr. 

Der Bauernverband fordert, ein weiterhin eigenständiges Agrarbudget
deutlich aufzustocken, um Europas Versorgungssicherheit mit
Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen zu gewährleisten.
Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) sagt, eigentlich müsste man
mehr haben, wies aber auch schon auf Sparzwänge hin. Die
Agrarminister der 16 Bundesländer fordern, die EU-Agrarpolitik ab
2028 effizienter, nachhaltiger und praxisnäher zu machen.

Wie soll das Geld verteilt werden?

Für Geld aus dem Fonds soll nach dem Willen der Kommission jeder
EU-Staat einen sogenannten Nationalen Reform- und Investitionsplan
(NRP) erstellen. Darin würden sie zeigen, welche Reformen und
Investitionen das Land von 2028 bis 2034 machen und wofür es
EU-Gelder verwenden möchte. Bei der Erstellung des Plans sollen etwa
auch regionale Behörden mitwirken.

Woher soll das Geld kommen?

Der Löwenanteil des langfristigen EU-Haushalts wird aus Beiträgen der
Mitgliedsstaaten gestemmt. Er speist sich aber auch aus sogenannten
Eigenmitteln, die der EU direkt zufließen. Dem Entwurf zufolge plant
die Behörde neue Eigenmittel - etwa eine Abgabe für große Unternehmen

mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro, eine Abgabe
auf nicht für das Recycling gesammelten Elektroschrott, und sie sieht
einen bestimmten Anteil der Einnahmen aus Tabaksteuern vor, der von
den Hauptstädten nach Brüssel fließen soll. 

Wie geht es weiter?

Der nun erwartete Kommissionsvorschlag für die Jahre 2028 bis 2034
muss im Anschluss von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament
beraten werden. Dann muss das EU-Parlament durch eine
Mehrheitsentscheidung zustimmen, die EU-Länder müssen den Haushalt
einstimmig annehmen. Es werden lange und komplizierte Verhandlungen
erwartet.

Deutschland steuert bislang als größter Nettozahler der Union fast
ein Viertel der Mittel bei. Die Bundesregierung betont grundsätzlich,
dass Deutschland zugleich auch so sehr vom EU-Binnenmarkt profitiere
wie keine andere europäische Volkswirtschaft.