Bauernpräsident zu EU-Reformplänen: «Verstand verloren»

16.07.2025 14:16

EU-Pläne zur Reform der Agrarförderung lassen auch bei Bauern in
Mecklenburg-Vorpommern die Alarmglocken schrillen. Die Getreideernte
läuft bislang besser als gedacht.

Warin (dpa/mv) - Eine mögliche Reform der auch für die Landwirtschaft
Mecklenburg-Vorpommerns erheblichen EU-Agrarförderung trifft auf
Kritik in der Branche. Ihm fehlten die Worte, sagte Karsten Trunk,
Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern bei einer
Pressekonferenz zu Ernteergebnissen in Warin (Nordwestmecklenburg).
«Vereinfacht würde ich wohl sagen, die müssen den Verstand verloren
haben.» Es werde die Axt an die Wurzeln der europäischen Agrarpolitik
gelegt. «Die gemeinsame Agrarpolitik ist für mich das Fundament
unseres Europas.»

Wie aus einem Entwurf der Europäischen Kommission für den neuen
langfristigen Haushalt der EU hervorgeht, will die Brüsseler Behörde
den milliardenschweren Geldtopf für die Agrarpolitik mit anderen
Politikbereichen zusammenlegen. Auch die Förderkriterien könnten sich
ändern. Bislang wird die Landwirtschaft über Mittel der Gemeinsamen
Agrarpolitik der EU (GAP) gefördert.

Nach jüngsten Aussagen des Schweriner Landwirtschaftsministers, Till
Backhaus (SPD), hat das Land seit 1990 rund 27 Milliarden Euro an
EU-Mitteln aus GAP-Fonds in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
investiert. Nach Angaben seines Ministeriums machen die Zahlungen aus
Brüssel mehr als ein Drittel des Einkommens der Landwirte in MV aus. 

Verbandschef zufrieden mit Bundesregierung

Statt einer Zusammenlegung mit anderen Bereichen forderte Trunk «ein
eigenständiges, stark erhöhtes und zweckgebundenes Agrarbudget». Er
warnte unter anderem davor, Betriebe ab einer bestimmten Größe bei
der Förderung schlechter zu stellen und vor fehlender
Planungssicherheit für die Betriebe. Es drohe der Abschied von einer
gemeinsamen Agrarpolitik und stattdessen eine Agrarförderung
getrieben von Einzelinteressen der Länder.

Mit der Richtung, die die neue Bundesregierung bei der Landwirtschaft
eingeschlagen hat, zeigte sich Trunk hingegen zufrieden. Er verwies
etwa auf die geplante Rücknahme der Streichungen von
Agrardiesel-Vergünstigungen. Dies sei im Sinne der
Wettbewerbsgleichheit in der EU. Außerdem sei die Dieselsteuer zur
Erhaltung des Verkehrsnetzes erfunden worden. «Mit Traktoren sind wir
nur minimal auf diesem Netz.» Auch auf ebenfalls geplante
Erleichterungen bei der Dokumentation beim Düngen verwies Trunk. Hier
werde ein «bürokratisches Monster» abgeschafft.

Gerstenernte trotz Trockenheit besser als erwartet

Die Ernte der Wintergerste ist in MV unterdessen trotz zeitweiser
Trockenheit besser ausgefallen als ursprünglich erwartet. «Die
Ertragsergebnisse sind überraschend positiv», sagte Trunk. Die Ernte
schwanke jedoch stark von Standort zu Standort. «Wir haben eine
Spreizung von sehr zufrieden bis enttäuschend.»

Laut Landesbauernverband entspricht das Ertragsniveau trotz langer
Trockenheit im Frühjahr dem langjährigen Durchschnitt. Trotzdem
zeigten regional stark unterschiedliche Erträge und immer häufigere
Wetterextreme, wie stark die Landwirtschaft bereits unter den Folgen
des Klimawandels leide.

Zudem sind die aktuell niedrigen Getreidepreise nach Aussage Trunks
nicht kostendeckend. Neben dem Wetter und Preisen müssten sich die
Bauern verstärkt auf politische Faktoren einstellen: «ob durch
Kriege, ob durch Zollabkommen, ob durch Handelssperren».

Herausforderungen, die Landwirte nicht steuern können

So würden mögliche Zölle auf russischen Dünger die Preise für
Düngemittel in Europa erhöhen. «Den Weizen muss ich aber auf dem
Weltmarkt handeln, und auf dem Weltmarkt haben viele andere
agrarische Länder halt Zugang zu preiswertem Dünger», betonte Trunk.

«Das sind Herausforderungen, die man ja mit seinem praktischen Können
als Landwirt auf dem Acker nicht steuern kann.»

Trunk rechnet damit, dass es im Nordosten bei passendem Wetter ab
kommendem Wochenende an den ersten Standorten mit der Ernte von
Weizen beziehungsweise Raps weitergeht. 

Wintergerste aus Mecklenburg-Vorpommern wird unter anderem per Schiff
über den Rostocker Hafen weltweit exportiert und dient laut
Landesbauernverband vor allem als Futtermittel. Sie wurde demnach
zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern auf fast 140.000 Hektar angebaut.
Die Anbaufläche von Winterweizen ist mit mehr als 285.000 Hektar mehr
als doppelt so groß.