Kunst und Protest für offene Grenzen

20.07.2025 12:37

Frust und Forderungen zur Abschaffung der Grenzkontrollen kommen
nicht nur von staugeplagten Bürgern. Auch aus der Politik gibt es
Kritik an der Umsetzung.

Frankfurt/Oder (dpa) - Inmitten der Kontroversen um deutsch-polnische
Grenzkontrollen haben zahlreiche Menschen mit Kunst- und
Protestaktionen am Wochenende ihren Wunsch nach offenen Grenzen
ausgedrückt. 

Im Märkisch-Oderland laden Künstler seit Samstag dazu ein, die Oder
als verbindendes Element neu zu entdecken. Das Kunstprojekt «Break on
through to the ODER side» verwandelt das Oderufer bei Zollbrücke in
ein Ausstellungs- und Performanceareal. Das Projekt findet im Rahmen
des Kulturland-Themenjahres «Welten verbinden» auch noch am nächsten

Wochenende (26. und 27. Juli) statt.

Zudem hatte die Partei Volt am Samstag an zehn Grenzpunkten zur
Protestaktion «March for Open Borders» in Deutschland, den
Niederlanden, in Luxemburg, Österreich und der Schweiz aufgerufen.
Volt-Angaben zufolge folgten Hunderte Menschen dem Aufruf. Sie
kritisierten, dass die Grenzkontrollen das Schengener Abkommen unter
anderem durch Einschränkungen der Reise- und Handelsfreiheit
verletzten. 

Deshalb habe Volt die EU-Kommission aufgefordert, ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und nun auch Polen zu
eröffnen, sagte Damian Boeselager, Mitglied des Europäischen
Parlaments für Volt. 

Deutschland kontrolliert seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der
Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen. Das führt zu
Verkehrsbehinderungen in Polen. Bundesinnenminister Alexander
Dobrindt (CSU) hatte im Mai intensivere Grenzkontrollen angeordnet.
Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der
Grenze zurückgewiesen werden können. Polen reagierte mit eigenen
Kontrollen seit dem 7. Juli, die zunächst bis zum 5. August gehen
sollen.

Innenminister: Kontrollen nur so lange wie nötig

Aus Sicht des Brandenburger Innenministers René Wilke sollen die
Kontrollen zeitlich stark beschränkt werden. «Ich bin schon bei all
denjenigen, selbst in der Bundesregierung, die ja klar gesagt haben,
diese Grenzkontrollen dürfen nur so lange stattfinden, wie es
unbedingt notwendig ist und nicht länger», sagte der parteilose
Politiker, der von 2018 bis 2025 Oberbürgermeister von Frankfurt
(Oder) war.

Die Grenzkontrollen einfach ersatzlos zu beenden, sei jedoch auch
keine Lösung. Es brauche «mehr europäische Gemeinsamkeit», «die
gemeinsame Konsequenz in der Steuerung, Regulierung von Migration»
und «auch von polnischer Seite eine gute Umsetzung an den
Außengrenzen», so Wilke. Die Innenstaaten dürften die Außenstaaten

dabei nicht allein lassen. 

Frust über «Verkehrskollaps»

Den Frust über den «Verkehrskollaps» könne Wilke nachvollziehen. Au
f
der Autobahn A12 kam es jüngster Zeit teils zu kilometerlangen Staus
vor den Grenzkontrollen, eine Spurverengung trug dazu bei. «Die Polen
haben bereits binnen zwei Wochen dafür gesorgt, dass auf ihrem Gebi
et
eine dritte Autobahn-Spur so ertüchtigt wird. Damit wird
die Zweispurigkeit erhalten und Stau eingedämmt, während wir
das nicht gebacken bekommen», sagte Wilke. Das sei «völlig
inakzeptabel». 

Angaben der Polizei zufolge habe es am Samstag und Sonntag zunächst
keine weiteren Staus auf deutscher Seite vor den Grenzkontrollen
gegeben. 

«Fühlt sich so falsch an»

Julia Gogolewska aus Frankfurt (Oder) klagte bei einem der
Volt-Proteste über die Staus, die es in den vergangenen Monaten auch
häufiger mal unter der Woche gegeben habe. «Man kann da eineinhalb,
zwei Stunden im Stau stehen und zum Beispiel dann Termine verpassen,
aber auch es ist einfach viel Lebenszeit und viel Frust.» Und sie
ergänzte: «Wir sind eine deutsch-polnische Familie und wir verbringen
unseren Alltag auf beiden Seiten der Grenze. Und es fühlt sich so
falsch an, da warten zu müssen, auf Kontrollen und sich gewissermaßen
verdächtig zu fühlen.»

Auch René Pachmann aus Frankfurt (Oder) protestierte. «Die Freiheit
geht so ein bisschen kaputt. Man muss immer überlegen: Habe ich
meinen Ausweis dabei? Kann ich jetzt einfach so schnell nach Polen
rüber?», sagte er. «Es ist traurig, dass dieser grenzenlose
Charakter, den diese Doppelstadt mal hatte, kaputtgeht.»

Volt-Mitglied Isabel Arens sagte: «Es muss eine europäische Antwort
darauf geben und keine deutsche, die uns innen drin unsere Werte
wegnimmt und uns das Leben schwieriger macht und auch noch Kosten für
uns fabriziert.»