Gipfel in Peking: Darüber streiten China und die EU
24.07.2025 07:11
Beim eintägigen EU-China-Gipfel in Peking stehen die Zeichen auf
Spannung. Die Probleme reichen von Handelsfragen bis zum
Ukraine-Krieg. Was ist von dem Treffen zu erwarten?
Peking (dpa) - Unter deutlichen Spannungen sprechen die ranghöchsten
Vertreter der Europäischen Union heute mit der Staatsführung Chinas.
Die Liste der Probleme ist im 50. Jahr bestehender diplomatischer
Beziehungen der beiden Seiten lang. Chinas Staats- und Parteichef Xi
Jinping sagte, dass beide Seiten unter der unruhigen internationalen
Lage mit Weitsicht agieren und richtige strategische Entscheidungen
treffen müssten.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem
«besonderen» Besuch. Mit der Vertiefung der Wirtschaftsbeziehung habe
auch die Unausgewogenheit zugenommen. «Unsere bilaterale Beziehung
wieder auszutarieren ist essenziell», sagte sie. China und Europa
müssten ihre gegenseitigen Bedenken ernst nehmen und «echte Lösungen
»
vorschlagen, so die Deutsche.
Im Nacken sitzen beiden Seiten die drohenden Zölle von US-Präsident
Donald Trump. Während für die EU am 1. August die Frist abläuft, hat
China die Aussicht auf eine Verlängerung der laufenden Zollpause.
Dem EU-China-Verhältnis haben Trumps Zollpolitik und sein
außenpolitisches Vorgehen bislang kaum geholfen. Vergangene Treffen
zeigten, dass die EU und China in vielen Punkten nicht einer Meinung
sind. Beobachter und EU-Vertreter haben deshalb kaum Erwartungen an
den eintägigen Gipfel. So könnte zum Beispiel keine gemeinsame
Erklärung unterzeichnet werden. Darüber streiten Peking und Brüssel:
Ukraine-Krieg
Chinas Rolle im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
beschäftigt die EU schon länger. Costa forderte in Peking, dass China
seinen Einfluss auf Russland nutze, um dem Krieg ein Ende zu machen.
Kurz vor dem Gipfel bestrafte Brüssel auch chinesische Firmen im 18.
Sanktionspaket gegen Russland. Peking steht fest an Moskaus Seite.
Nach Angaben von EU-Beamten liefern die Chinesen etwa 80 Prozent
jener Güter, die Russland zivil oder militärisch nutzen kann.
Bei seinem Besuch in Brüssel Ende Juni sorgte Chinas Außenminister
Wang Yi für Aufregung: Im Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Kaja
Kallas erklärte er laut Medienberichten, Peking wolle nicht, dass
Russland den Krieg verliere, denn sonst könnten die USA ihren Fokus
vollends auf China richten.
Nach außen gibt sich die Volksrepublik in dem Konflikt neutral und
betont, sich für Friedensverhandlungen und eine politische Lösung
einzusetzen. Costa und von der Leyen wollen laut EU-Beamten auf eine
bedingungslose Feuerpause und eine Unterbrechung direkter oder
indirekter Hilfe für Russland pochen.
«Wir sind nicht naiv, wir werden China nicht bitten, seine
Beziehungen mit Russland zu beenden», hieß es von EU-Seite vorab.
Aber man fordere, dass China durch bessere Zoll- und Finanzkontrolle
den Fluss von Gütern an Russland bremse.
Seltene Erden
Anfang April löste China mit Exportkontrollen auf sieben seltene
Erden und daraus gefertigte Magnete Besorgnis in der Welt aus. Peking
spielte im damals heiß gelaufenen Zoll-Poker mit den USA eine starke
Karte. In vielen deutschen Industriebetrieben ging die Furcht vor
Produktionsstopps um, da die Metalle für Elektromotoren und Sensoren
unabdingbar sind. China ist zudem mit Abstand Weltmarktführer für
diese Rohstoffe.
Zwar betonte Außenminister Wang, die Maßnahme richte sich nicht gegen
die EU. Doch Brüssel blieb skeptisch: «China nutzt dieses
Quasi-Monopol nicht nur als Verhandlungsmasse, sondern setzt es auch
als Waffe ein, um Konkurrenten in Schlüsselindustrien zu schwächen»,
sagte von der Leyen beim G7-Gipfel Mitte Juni in Kanada.
Deutschen und europäischen Unternehmen fehlt seit den
Exportkontrollen Planungssicherheit. Chinas Handelsministerium
genehmigt zwar Ausfuhr-Anträge, doch diese sind kompliziert und
langwierig. Ein Fortschritt könnte aus EU-Sicht aber eine allgemeine
Ausfuhrgenehmigung sein.
Handelsbeziehungen
China und die EU sind füreinander die zweitwichtigsten
Handelspartner. Das immense Defizit von mehr als 300 Milliarden Euro
im vergangenen Jahr schmerzt Brüssel jedoch. Denn China exportiert
sehr viel nach Europa, importiert jedoch nur wenig von dort.
Untersuchungen Pekings und Brüssels gegen Produkte der jeweils
anderen Seite sowie die EU-Zölle auf chinesische Elektroautos und
Chinas Aufschläge auf Weinbrand aus Europa belasten das Verhältnis
zusätzlich. Laut EU-Beamten besteht nun jedoch ein wenig Hoffnung auf
eine Lösung dieser Fragen.
Die EU will vor allem den unfairen Wettbewerb ansprechen. Europäische
Firmen erhalten in China oft keinen Marktzugang oder verlieren
Ausschreibungen gegen chinesische Firmen. Die EU setzt deshalb weiter
auf mehr Unabhängigkeit von China.
Klima
Es könnte die gute Nachricht des Gipfels werden: Bis zuletzt
verhandelten beide Seiten über eine gemeinsame Klimaschutz-Erklärung.
Ein Besuch von EU-Gesandten in Peking in der vergangenen Woche trübte
die Hoffnung jedoch. Berichten zufolge verlangt Brüssel mehr
Zugeständnisse von Peking, den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken.
EU-Kommissarin für den Grünen Wandel, Teresa Ribera, blieb vor der
Presse in Peking zurückhaltend und betonte lediglich, dass das
Engagement Chinas und der EU für das Pariser Klimaabkommen stark
seien. Beide Seiten wollten, dass die diesjährige Weltklimakonferenz
COP30 im brasilianischen Belém ein Erfolg werde.
China verursacht weltweit am meisten Kohlenstoffdioxid, baut aber
auch am meisten erneuerbare Energie aus. Anders als bei den
Streitthemen Handel, der internationalen Sicherheitslage oder
Menschenrechten sieht die EU im Bereich Umwelt und Klima noch Raum
für Kooperation mit der Volksrepublik.