Musk verspricht nach Gewinnrückgang Robotaxi-Offensive Von Andrej Sokolow, dpa
24.07.2025 12:04
Wenn es bei Tesla nicht gut läuft, beschwichtigt Firmenchef Elon Musk
Anleger oft mit Zukunftsvisionen. So macht er auch jetzt große
Versprechen zum autonomen Fahren. Die Börse ist nicht beeindruckt.
Austin (dpa) - Das Tesla-Geschäft schrumpft - doch Firmenchef Elon
Musk verspricht den großen Befreiungsschlag mit Robotaxis. Spätestens
Ende kommenden Jahres würden selbstfahrende Autos die Tesla-Bilanz
aufbessern, kündigte der Tech-Milliardär nach Vorlage von
Quartalszahlen an. Bis dahin könne es aber einige «harte Quartale»
geben, räumte er ein.
Zuletzt sorgten sinkende Auslieferungen der Tesla-Elektroautos im
zweiten Vierteljahr in Folge für einen Rückgang bei Umsatz und
Gewinn. Der Elektroauto-Hersteller verdiente im vergangenen Quartal
1,17 Milliarden Dollar (knapp eine Milliarde Euro) und damit 16
Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz fiel um zwölf Prozent
auf rund 22,5 Milliarden Dollar. Tesla verfehlte erneut die
Erwartungen der Analysten.
Grandioses Versprechen
Musk, der die Anleger nach schwächeren Quartalen oft mit großspurigen
Visionen überschüttet, beschwor die Rolle selbstfahrender Autos für
die Zukunft von Tesla. Der Konzern hatte erst von wenigen Wochen
seinen ersten Robotaxi-Dienst in der Innenstadt von Austin gestartet
- mit einer «Handvoll» Autos, von Tesla handverlesenen Kunden und
Aufpassern auf dem Beifahrersitz.
Dennoch kam von Musk nun ein grandioses Versprechen: Er denke, dass
Tesla zum Jahresende voraussichtlich für die Hälfte der
US-Bevölkerung autonome Fahrten anbieten könne, sagte er. Dann kam
jedoch die Einschränkung: «Die Zustimmung der Behörden
vorausgesetzt.» Damit könne man auf den Zeitplan nicht groß bauen,
urteilte gleich der langjährige Branchenanalyst Gene Munster. In den
USA müssen die Genehmigungen für autonomes Fahren in einzelnen
Bundesstaaten beantragt werden.
Reichen Kameras als Augen der KI?
Teslas Robotaxis legten in Austin bisher über 7.000 Meilen (11.265
km) zurück. Die Google-Schwesterfirma Waymo, deren fahrerlose Wagen
mehr als 250.000 Fahrten pro Woche mit zahlenden Passagieren machen,
knackte jüngst die Marke von 100 Millionen Meilen. Musk behauptet
dennoch, dass Tesla schnell zur Nummer eins beim autonomen Fahren
aufsteigen werde.
Er setzt dafür auf einen Kostenvorteil: Während Waymo und andere
Entwickler selbstfahrender Autos für die Sicherheit auf teure
Laser-Radare setzen, will er nur mit Kameras auskommen. Damit haben
laut Musk aktuelle Tesla-Fahrzeuge bereits alle nötige Technik an
Bord, um autonom unterwegs zu sein. So sind als Robotaxis in Austin
Fahrzeuge des Kompakt-SUV Model Y unterwegs.
Musks Plan trifft auf Skepsis
Im kommenden Jahr könnten Tesla-Besitzer auch ihre Autos in einigen
US-Städten als Robotaxis zum Geldverdienen auf die Straße schicken,
versicherte er. Und wenn erst einmal die neuesten Versionen von
Teslas «Autopilot»-Software auch in Europa zugelassen seien, zögen
die zuletzt schwächelnden Verkäufe auch dort wieder an, sagte Musk.
Experten und Rivalen haben jedoch Bedenken zu Teslas Ansatz. Die
Laser-Radare - auch unter dem Namen Lidar bekannt - tasten die
Umgebung der Fahrzeuge ab und können dadurch Objekte und Personen
auch bei schwierigen Lichtverhältnissen erkennen. Hingegen gibt es
Zweifel, dass Kameras in allen Situationen Hindernisse korrekt
identifizieren können. Die US-Verkehrsbehörde NHTSA untersucht
bereits seit Jahren Unfälle mit Teslas bisherigen
«Autopilot»-Versionen, die noch als Assistenzsystem mit menschlicher
Aufsicht agieren.
Tesla-Verkäufe auf Talfahrt
Die Tesla-Auslieferungen gingen im vergangenen Quartal um 13,5
Prozent auf 384.122 Fahrzeuge zurück. Damit konnte auch die neue
Variante des bisherigen Bestsellers Model Y den Absatz bisher nicht
ankurbeln. Sie wird seit März an die Kunden ausgeliefert.
Die Übergangsphase beim Model Y galt neben den Kontroversen um
politische Aktivitäten von Musk als ein Grund für den Absatzrückgang
von 13 Prozent im ersten Quartal.
Tesla macht aber auch verstärkte Konkurrenz anderer Hersteller zu
schaffen - außerhalb des US-Heimatmarktes sind insbesondere
chinesische Marken stark. In Europa, wo Tesla eine Fabrik in
Grünheide bei Berlin hat, gibt es seit Monaten herbe Absatzrückgänge.
Im Juni fielen die Neuzulassungen in der EU nach Zahlen des
Branchenverbandes Acea im Jahresvergleich um 39,5 Prozent auf 20.349
Fahrzeuge. Im gesamten ersten Halbjahr wurden 70.655 Teslas neu
zugelassen - ein Einbruch von 43,7 Prozent.
US-Subventionen laufen aus
Teslas Erlöse aus dem Autogeschäft fielen im vergangenen Quartal um
16 Prozent auf 16,66 Milliarden Dollar.
Zugleich könnte es in den kommenden Monaten kurzfristigen Rückenwind
durch die Politik von US-Präsident Donald Trump geben: Ende September
laufen die Elektroauto-Subventionen von 7.500 Dollar in den USA aus.
Das könnte einige Interessenten dazu veranlassen, noch schnell
zuzuschlagen.
Wie sehr Tesla davon profitieren kann, ist allerdings unklar:
Finanzchef Vaibhav Taneja räumte ein, dass der Konzern möglicherweise
nicht genug Autos produzieren könne, um der Nachfrage bis Ende
September nachzukommen. Danach will Tesla ein günstigeres Modell auf
den Markt bringen. Musk bestätigte nun, dass es genauso wie das Model
Y aussehen werde. Für den niedrigeren Preis ist aber mit Abschlägen
bei der Ausstattung zu rechnen. Munster warnte gleich, dass die
Verkäufe des lukrativeren Model Y darunter leiden könnten.
Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer verwies zugleich
darauf, dass Tesla insgesamt an Überkapazitäten leide: Während der
Konzern jährlich 2,35 Millionen Autos bauen könne, dürften in diesem
Jahr nur 1,6 Millionen verkauft werden.
Die Aktie legte in einer ersten Reaktion auf die Quartalszahlen
zunächst leicht zu. Doch als Musk in der Telefonkonferenz mit
Analysten sprach, ging sie auf Talfahrt und verlor im nachbörslichen
Handel 4,6 Prozent. Im vorbörslichen Handel am Donnerstag weitete
sich das Minus auf mehr als sechs Prozent aus.