EU und USA schließen Zolldeal Von Ansgar Haase, Franziska Spieker und Jan Mies, dpa

27.07.2025 21:13

Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ist
vorerst abgewendet. Bei einem Spitzentreffen in Schottland wird eine
Grundsatzeinigung erzielt - hatte die EU eine Wahl?

Turnberry (dpa) - Die EU und die USA haben sich auf eine
Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des seit Monaten andauernden
Zollkonflikts geeinigt. Das teilten beide Seiten nach einem
Spitzengespräch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
und US-Präsident Donald Trump in Schottland mit.

«Es wird der größte aller Deals», sagte Trump während der Verkü
ndung
der Einigung. Von der Leyen äußerte, es sei ein schwerer Prozess
gewesen. «Jetzt haben wir es, und das ist gut». Der
Kommissionspräsidentin zufolge werde der Zollsatz auf die meisten
Importe bei 15 Prozent liegen, das gelte auch für Autos, Halbleiter
und Pharmaprodukte.

Die EU werde zustimmen, Energie aus den USA im Wert von 750
Milliarden US-Dollar zu kaufen und zusätzlich 600 Milliarden
US-Dollar mehr in die USA zu investieren, sagte Trump. Laut von der
Leyen soll es beidseitige Nullzölle für eine Reihe strategischer
Produkte geben, darunter unter anderem Flugzeuge und Flugzeugteile,
bestimmte Chemikalien sowie bestimmte landwirtschaftliche
Erzeugnisse.

Vereinbarung rund um Energie «sehr wichtige Komponente» 

Trump bezeichnete die Vereinbarung rund um Energie als «sehr wichtige
Komponente» des Abkommens. Die Zölle auf die Einfuhr von Stahl und
Aluminium bleiben dem US-Präsidenten zufolge bei 50 Prozent. Nach
Angaben aus EU-Kreisen sollen aber bestimmte Mengen ausgenommen
werden, wie es bereits vor Trumps Amtsantritt der Fall gewesen war. 

Schon vorab war klar, dass Einfuhren aus der EU in die USA mit
deutlich höheren Zöllen belastet werden als noch vor dem Beginn der
zweiten Amtszeit von Trump. Ziel der EU in den Verhandlungen war
gewesen, deutlich unter dem zuletzt von Trump angekündigten Zollsatz
von 30 Prozent zu bleiben. Trump sei ein harter, aber fairer
Verhandler, hatte von der Leyen kurz vor dem Gespräch gesagt.

EU fürchtete Handelskrieg

Wenn die EU den Deal nicht eingegangen wäre, hätte eine weitere
Eskalation des Handelsstreits gedroht. Trump wollte nämlich ab dem 1.
August weitere Zölle in Kraft treten lassen, wenn ihm die EU in
Handelsfragen nicht entgegenkommt. Der Republikaner begründete seinen
Kurs vor allem damit, dass er angebliche Handelsungleichgewichte
korrigieren und Produktionen ins Heimatland verlagern will - ganz
nach der Devise «America First». 

Zugleich sollen Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures
Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise
gegenzufinanzieren. Die EU-Kommission sieht die Zölle hingegen als
nicht gerechtfertigt und zweifelt daran, dass sie mit den Regeln der
Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sind.

Deutschland forderte schnellen Deal

Dass die EU nun dennoch einen Kompromiss akzeptiert, liegt daran,
dass viele Mitgliedstaaten die Risiken einer Eskalation des
Handelsstreits als bedeutender einschätzen als höhere Zölle. So hatte

etwa Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zuletzt mehrfach eine
schnelle Einigung gefordert: «Lieber schnell und einfach als
langwierig und kompliziert und über Monate noch im
Verhandlungsstatus», sagte er.

Dabei spielte auch eine Rolle, dass etwa die Autobranche und die
Stahl- und Aluminiumindustrie schon in den vergangenen Monaten unter
den hohen Zöllen litten. 

Geschwächt wurde die Verhandlungsposition der EU auch durch die
Abhängigkeit Europas von den militärischen Fähigkeiten der USA. So
wurde befürchtet, dass Trump im Fall einer Eskalation des
Handelsstreits erneut das über die Nato abgegebene
Beistandsversprechen infrage stellen könnte. Angesichts der
Bedrohungen durch Russland wurde dies vor allem in östlichen
EU-Staaten als großes Risiko gesehen.

EU drohte mit Vergeltungszöllen

Im wirtschaftlichen Bereich hätte die EU die USA hingegen mit
Gegenzöllen erheblich unter Druck setzen können. In den Verhandlungen
hatte die EU-Kommission unter anderem mit zusätzlichen Abgaben auf
die Einfuhr von Industrie- und Agrargütern wie Flugzeugen,
Motorrädern, Rindfleisch, Whiskey oder Zitrusfrüchten gedroht.

Zudem wurden EU-Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Produkte im Wert
von 4,4 Milliarden Euro in Erwägung gezogen. Dazu zählen etwa
Stahlschrott und chemische Erzeugnisse, die bislang gerne von
US-Unternehmen importiert werden.