Zollstreit beigelegt: «Größter Deal» oder «fatales Signal»?

28.07.2025 03:30

Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ist
vorerst abgewendet. Bei einem Spitzentreffen in Schottland wird eine
Grundsatzeinigung erzielt - Euphorie löst der Deal aber nicht aus.

Turnberry/Berlin (dpa) - Der laut US-Präsident Donald Trump «größte

aller Deals» im Zollstreit mit der Europäischen Union hat in
Deutschland zunächst nur verhaltene Begeisterung ausgelöst.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßte zwar die Einigung, mit
der es gelungen sei, «einen Handelskonflikt abzuwenden». Die deutsche
Industrie reagierte aber deutlich zurückhaltender. 

«Das Übereinkommen ist ein unzureichender Kompromiss und sendet ein
fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten
des Atlantiks», teilte der Bundesverband der Deutschen Industrie
(BDI) in Berlin mit. Die EU nehme schmerzhafte Zölle in Kauf. 

Der Deal

Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten sich
auf einen Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent auf die meisten
EU-Importe in die USA geeinigt. Das gilt laut von der Leyen auch für
die Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Die Einigung schaffe zudem
einen Rahmen für die zukünftige Senkung der Zölle auf weitere
Produkte.

«Das einzig Positive an dieser Einigung ist, dass eine weitere
Eskalationsspirale zunächst abgewendet werden konnte», hieß es vom
BDI. Entscheidend sei jetzt, dass das Übereinkommen verbindlich
werde. Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks bräuchten
Planungssicherheit für Lieferketten und Investitionen.

Kein Vergleich zu der Zeit vor Trump

Trump, der heute in Schottland mit dem britischen Premierminister
Keir Starmer über das Handelsabkommen zwischen den USA und
Großbritannien sprechen wird, hatte die Einigung als «riesigen Deal
mit vielen Ländern» bezeichnet. Der US-Präsident will mit den
Zolleinnahmen unter anderem sein teures Wahlversprechen großer
Steuersenkungen zumindest teilweise gegenfinanzieren.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, dass eine
Verhandlungslösung erreicht worden sei, sei «erstmal gut». Das
Verhandlungsergebnis und die Auswirkungen auf Wirtschaft und
Arbeitsplätze in Deutschland würden nun in der Bundesregierung
ausgewertet, sagte der Vizekanzler. Es sei wichtig, dass Europa seine
Interessen verteidigt habe.

Klingbeil betonte aber auch: «Grundsätzlich bleibt meine Überzeugung:

Zölle schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Wir
brauchen niedrige Zölle und offene Märkte. Wir setzen weiter auf gute
Handelsbeziehungen. Dafür werden wir neben den USA auch neue
weltweite Partnerschaften aufbauen.»

Trump hatte den weltweiten Zollkonflikt mit seinen Extrazöllen
begonnen, die von Land zu Land variieren. Die Abgaben, die Importeure
zahlen müssen, sind trotz abgeschlossener Deals höher als noch vor
dem Beginn der zweiten Amtszeit von Trump. Auf die Einfuhr von Autos
beispielsweise kamen Zusatzzölle in Höhe von 25 Prozent auf insgesamt
27,5 Prozent hinzu.

Die jetzt vereinbarte Reduzierung auf 15 Prozent ist laut von der
Leyen der bestmögliche Deal. «Wir sollten nicht vergessen, wo wir
herkommen», sagte sie. 15 Prozent seien nicht zu unterschätzen, aber
auch das Beste, was möglich gewesen sei.

EU-Kommission hat «volle Unterstützung» der Bundesregierung

Merz betonte, die «Einigkeit der Europäischen Union und die harte
Arbeit der Verhandler haben sich ausgezahlt.» Der Kanzler dankte von
der Leyen und Handelskommissar Maros Sefcovic. «In den nun
anstehenden Verhandlungen über die Details der Einigung hat die
Europäische Kommission meine volle Unterstützung.» Es gelte weiter
daran zu arbeiten, die Handelsbeziehungen mit den USA zu stärken.

Merz fügte hinzu, Europa habe seine Kerninteressen wahren können,
auch wenn er sich durchaus weitere Erleichterungen im
transatlantischen Handel gewünscht hätte. «Von stabilen und planbaren

Handelsbeziehungen mit Marktzugang für beide Seiten profitieren alle
- diesseits wie jenseits des Atlantiks, Unternehmen wie Verbraucher.»

Deal mit China steht noch aus

Im Zollkonflikt zwischen den USA und China gehen die
Verhandlungsgespräche indes heute und morgen weiter.
US-Finanzminister Scott Bessent und hochrangige chinesische Vertreter
treffen sich hierzu in Stockholm. Dabei soll unter anderem über eine
Verlängerung der aktuell noch bis zum 12. August geltenden Zoll-Pause
verhandelt werden. Die chinesische Seite wird von
Vizepremier He Lifeng angeführt.