Trumps Deal mit der EU: Muss die deutsche Wirtschaft zahlen? Von Ansgar Haase, Franziska Spiecker und Jan Mies, dpa
28.07.2025 14:41
Der Zollkonflikt zwischen den USA und der EU drohte zuletzt in einem
echten Handelskrieg zu enden. Nun gibt es kurz vor Fristende doch
noch einen Deal.
Turnberry (dpa) - Die EU und die USA haben sich nach harten
Verhandlungen auf einen Deal zur Entschärfung des Zollkonflikts
geeinigt. Doch kann eine Vereinbarung, die US-Präsident Donald Trump
überschwänglich feiert, gut für die Wirtschaft und die Menschen in
der EU sein? Fragen und Antworten im Überblick:
Worauf haben sich die EU und die USA geeinigt?
Die von Trump zum 1. August angedrohten Zölle in Höhe von 30 Prozent
auf die Einfuhr europäischer Produkte in die USA sind abgewendet. Die
EU akzeptiert allerdings, dass die USA künftig auf die große Mehrheit
der Importe aus Europa einen Zoll in Höhe von 15 Prozent erheben.
Betroffen sind davon auch europäische Autoimporte, für die bis vor
wenigen Monaten noch ein Zollsatz von nur 2,5 Prozent galt. Lediglich
auf eine begrenzte Zahl von Waren sollen künftig bei der Einfuhr
keine Abgaben fällig werden. Dazu zählen nach Angaben von
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Beispiel
Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische
Rohstoffe.
Gab es weitere Zugeständnisse von EU-Seite?
Die EU sichert Trump zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie
im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas
(LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken
füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches
Gas und Öl entstehen werden. Zusätzlich verspricht die EU Trump, in
den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu
investieren. Trump feierte nach der Einigung und sagte: «Ich glaube,
das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.»
Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und
Verbraucher?
Das wird sich vermutlich erst in den nächsten Monaten genau zeigen.
Gut ist, dass sich die Ungewissheit ein Stück weit reduziert.
Schlecht ist, dass ein Teil der US-Zölle aufrechterhalten bleibt.
Zölle machen Produkte in der Regel teurer und bremsen damit den
Handel. Denkbar ist deswegen weiterhin, dass deutsche Unternehmen
Geschäfte in den USA verlieren und Arbeitsplätze abbauen müssen.
Vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hieß es in einer
ersten Reaktion, das Übereinkommen sei ein unzureichender Kompromiss,
der ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden
Seiten des Atlantiks sende. Auch ein Zollsatz von 15 Prozent werde
immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche
Industrie haben. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie
(VDA) werden allein die jährlichen Kosten für die Unternehmen der
deutschen Automobilindustrie auf eine Milliardensumme geschätzt.
Warum hat die EU den Deal akzeptiert?
Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätten ab dem 1. August US-Zölle
in Höhe von 30 Prozent gedroht. Die EU wollte eine Eskalation
verhindern, da diese den Handel und Arbeitsplätze kurzfristig noch
mehr bedroht hätte. Hinzu kam die Sorge, Trump könne im Fall eines
verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen - beispielsweise
indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato
infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt -
beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch
Russland.
Wenn die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von
den USA wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert.
Wirtschaftlich ist die EU nämlich mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen
und Bürgern in 27 Ländern eine echte Marktmacht, die den Vereinigten
Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.
Wie erklärt die EU den Deal?
Von der Leyen sagte nach dem Treffen mit Trump: «Das heutige Abkommen
schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.» Europäische Unternehmen
bräuchten in diesen aktuell so turbulenten Zeiten Vorhersehbarkeit,
um planen und investieren zu können. Hinter vorgehaltener Hand wird
zudem auch in der EU-Kommission eingeräumt, dass der Vorwurf von
Ungleichgewichten in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den
USA nicht ganz von der Hand zu weisen war.
So verbuchte die EU im Warenhandel mit den USA 2024 nach jüngsten
Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe
von rund 198 Milliarden Euro. Im Dienstleistungsbereich sah es zwar
für die USA besser aus - am Ende blieb für die EU aber noch immer ein
Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro.
Was gewinnt Trump?
Der 15-Prozent-Zoll dürfte jährlich Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe
in die US-Staatskasse spülen. Nach EU-Angaben lag der
durchschnittliche US-Zollsatz auf Importe aus der EU in der Praxis
vor dem Amtsantritt Trumps bei lediglich etwa 1 Prozent und damit
ebenso niedrig wie der Zollsatz der EU auf US-Importe - zumindest
dann, wenn man nur den tatsächlichen Warenhandel zwischen der EU und
den USA zugrunde legt.
Wie kam es zu dem Deal?
Vorausgegangen waren in den vergangenen Monaten zähe Verhandlungen
und immer neue Drohungen und Eskalationen durch Donald Trump. Zuletzt
lud der US-Präsident von der Leyen und ihren Handelskommissar Maros
Sefcovic dann ein, am Wochenende in sein Luxus-Golfhotel in Turnberry
in Schottland zu kommen. Bei einem rund einstündigen Treffen wurde
der Deal dann fix gemacht. Trump argumentierte in den Verhandlungen
vor allem mit dem Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU.
Zudem will er mit seinem Kurs unter dem Motto «America First»
industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen
Zolleinnahmen sollten außerdem helfen, seine umfangreichen
Steuersenkungen gegenzufinanzieren.
Ist der Handelskonflikt nun vollständig beigelegt?
Das bleibt abzuwarten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
räumte nach Bekanntgabe des Deals ein, dass noch nicht alle Details
abschließend geklärt sind. Offen ist unter anderem, wie es mit den
US-Stahl- und Aluminiumzöllen weitergeht, die Trump in den
vergangenen Monaten auf 50 Prozent erhöht hatte. Die EU hofft, dass
bestimmte Mengen davon ausgenommen werden, konkrete Daten wurden
allerdings bislang nicht genannt. Unklar war bis zuletzt auch, ob es
bei Arzneimitteln wirklich bei einem Zollsatz von 15 Prozent bleiben
wird und in welchem Umfang es zur geplanten Anpassung von Standards
für Autos und andere Industriegüter kommt.