Illegale Produkte: Online-Plattform Temu droht EU-Strafe Von Marek Majewsky, Valeria Nickel und Ansgar Haase, dpa

28.07.2025 15:51

Viele Verbraucher lassen sich von den günstigen Preisen von
asiatischen Shopping-Portalen locken. Doch es gibt Risiken, befindet
jetzt die EU-Kommission. Und macht einer großen Plattform Vorwürfe.

Brüssel (dpa) - Der chinesische Online-Marktplatz Temu verstößt nach

einer Analyse von Experten der EU-Kommission gegen europäisches
Digitalrecht. Es sei nachgewiesen worden, dass für Verbraucher in der
EU ein hohes Risiko bestehe, dort auf illegale Produkte zu stoßen,
teilte die Brüsseler Behörde zu einer vorläufigen Einschätzung mit.

Insbesondere ergab die Untersuchung demnach, dass auf Temu
einkaufende Menschen sehr wahrscheinlich Babyspielzeuge oder
Elektronikprodukte finden, die nicht EU-Regeln entsprechen.

Laut der EU-Kommission wäre Temu gemäß dem Gesetz über digitale
Dienste (DSA) eigentlich dazu verpflichtet, Risiken einer Verbreitung
illegaler Produkte auf seinem Marktplatz besser anzugehen.
Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen teilte dazu mit: «Die
Sicherheit der Verbraucher im Internet ist in der EU nicht
verhandelbar.» 

Das chinesische Unternehmen kann nun auf die Vorwürfe reagieren.
Passt Temu sein Verhalten nicht an oder kann es die Vorwürfe nicht
ausräumen, kann die Kommission formell einen Verstoß feststellen.
Dies kann eine Geldbuße von bis zu sechs Prozent des weltweiten
Gesamtumsatzes von Temu nach sich ziehen. Öffentlich äußerte sich
Temu zunächst nicht zu den Vorwürfen. Ein Unternehmenssprecher teilte
auf Anfrage lediglich mit: «Wir werden weiterhin uneingeschränkt mit
der Kommission zusammenarbeiten».

Die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen betonte am
Montag, dass sie noch nicht final entschieden hat, ob Temu wirklich
gegen EU-Recht verstößt. Sie betonte allerdings, dass sie weiter auch
zu anderen mutmaßlichen Verstößen von Temu gegen das Digitalgesetz
ermittelt - einschließlich der Verwendung süchtig machender
Gestaltungsmerkmale des Marktplatzes.

Untersuchung läuft seit Oktober

Gegen Temu wird schon länger ermittelt. Im Oktober hatte die
Kommission bekanntgegeben, dass sie überprüft, ob die Plattform genug
gegen den Verkauf illegaler Produkte unternehme. Damals hieß es unter
anderem, unseriöse Händler würden auch dann wieder auf der Plattform

auftauchen, nachdem sie gesperrt worden seien. 

Temu ist sehr beliebt in Europa

Bei Kunden in Deutschland und Europa erfreut sich Temu großer
Beliebtheit. Der Anbieter zählt bereits zu den größten Onlinehändle
rn
in Deutschland. Mehrere Millionen Menschen in der EU nutzen das
Portal. Es gilt unter EU-Digitalrecht als sehr große Online-Plattform
(VLOP), da das Unternehmen gemeldet hatte, mehr als 45 Millionen
aktive monatliche Nutzerinnen und Nutzer in der EU zu haben.

Weitere Vorwürfe im Raum 

Unabhängig von der DSA-Untersuchung gehen auch europäische
Verbraucherschutzbehörden gegen Temu vor. Wie das Netzwerk für die
Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) im November bekannt
machte, verstoßen mehrere Praktiken auf der Plattform gegen EU-Recht.

Als problematische Praktiken wurden damals falsche Rabattaktionen,
gefälschte Bewertungen sowie fehlende und irreführende Informationen
zu Rechtsansprüchen der Verbraucher angeführt. Auch Kontaktangaben
verstecke Temu, so dass sich Kundinnen und Kunden nicht ohne
Schwierigkeiten an die Plattform wenden könnten. Auch werde der
Eindruck vermittelt, dass Produkte nur begrenzt oder für kurze Zeit
verfügbar seien. 

Handelsbeziehungen zu China sind angespannt

Das Brüsseler Verfahren gegen Temu fällt in eine Zeit wachsender
wirtschaftlicher Spannungen mit China. Wie vergangene Woche beim
EU-China-Gipfel deutlich wurde, bleiben Fortschritte - trotz
Gesprächsbereitschaft - beim zentralen Streitpunkt Handel aus.
Kommissionspräsidentin von der Leyen stellte klar, dass die
Wirtschaftsbeziehungen der beiden Großmächte ausgewogener werden
müssen.