Regierung startet Luftbrücke und erhöht Druck auf Israel

28.07.2025 21:23

Lange Zeit hat die Bundesregierung vor allem auf Worte gesetzt, um
die Lage im Gazastreifen zu verbessern. Jetzt zeigt sie sich bereit,
Taten folgen zu lassen.

Berlin (dpa) - Deutschland startet zusammen mit Jordanien eine
Luftbrücke zur Versorgung des Gazastreifens mit humanitären
Hilfsgütern und erhöht gleichzeitig den Druck auf Israel, die
katastrophale Lage dort schnell zu verbessern. 

Nach einer mehr als zweistündigen Sitzung des Sicherheitskabinetts im
Berliner Kanzleramt drohte Bundeskanzler Friedrich Merz Israel
erstmals mit konkreten Maßnahmen, falls es nicht dazu kommt. Man habe
zwar zunächst keine Beschlüsse dazu gefasst, sagte er. «Wir behalten

uns aber solche Schritte vor.» 

Luftbrücke wird «umgehend» gestartet

«Umgehend» gestartet wird dagegen die Luftbrücke. Mit wie vielen
Flugzeugen sich die Bundeswehr daran beteiligen wird, blieb zunächst
offen. Am Dienstag ist der jordanische König Abdullah II. in Berlin.
Dann dürften weitere Details genannt werden. 

Israel hatte am Sonntag erstmals seit Monaten die Einfuhr von
Hilfslieferungen in größerem Stil zugelassen. Nach israelischen
Angaben wurden am Montag den zweiten Tag in Folge Lebensmittel aus
der Luft über dem Gazastreifen abgeworfen. Bereits im vergangenen
Jahr hatten Jordanien, Deutschland und andere Länder einige Wochen
lang eine Luftbrücke in den Gazastreifen aufgebaut. 

Kritik an Abwürfen aus der Luft

Internationale Helfer halten den Abwurf aus der Luft wegen der
relativ geringen Mengen und der prekären Lage in dem Gebiet für
ineffektiv und auch teuer, etwa im Vergleich zu Lastwagentransporten.
Außerdem könnten Menschen am Boden durch die Paletten verletzt
werden.

«Humanitäre Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen ist eine sinnlose
Initiative, die nach Zynismus riecht», sagte Jean Guy Vataux, der
Notfallkoordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im
Gazastreifen. «Es gibt Straßen, die Lastwagen sind da, die
Lebensmittel und Medikamente sind da - alles ist bereit, um
humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen.» Luftabwürfe
umfassten weit weniger als 20 Tonnen Hilfsgüter, die man ohne
Komplikationen mit einem einzigen Lkw transportieren könnte, sagte
Vataux. 

Ähnlich äußerte sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Lea Reisner.
«Eine Luftbrücke nach Gaza mag auf den ersten Blick wie ein
humanitärer Akt erscheinen - doch sie ersetzt keine politische
Haltung und bietet keine nachhaltige Lösung für das Leid der
ausgehungerten Zivilbevölkerung. Luftabwürfe sind nicht nur riskant
und ineffizient, sondern auch bei weitem nicht ausreichend, um den
humanitären Bedarf zu decken», sagte sie.

Abstimmung mit Frankreich und Großbritannien 

Merz sagte, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) werde den
Aufbau der Luftbrücke vorbereiten und sich dabei eng mit Frankreich
und Großbritannien abstimmen, die ebenfalls zu einer Beteiligung
bereit seien. «Wir wissen, dass das für die Menschen in Gaza nur eine
ganz kleine Hilfe sein kann. Aber immerhin ist es ein Beitrag, den
wir gerne leisten wollen», sagte der Kanzler. 

Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens im Gespräch

Welche Maßnahmen gegen Israel infrage kommen, sagte Merz nicht.
Deutschland könne lediglich einen Vorschlag an die EU-Kommission
machen. Im Gespräch ist seit längerem eine Aussetzung des
EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. 

Außerdem gibt es Forderungen aus der SPD, die Waffenlieferungen an
Israel zu stoppen. Darüber könne aber nur der Bundessicherheitsrat
entscheiden, sagte der Kanzler. Dieses Gremium tagt in ähnlicher
Besetzung wie das Sicherheitskabinett. Die Beratungen sind aber
streng geheim.

Vorschlag aus der EU-Kommission

Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen
empfahl die EU-Kommission indes den Mitgliedstaaten, die Teilnahme
Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise
auszusetzen.

«Während Israel eine tägliche humanitäre Pause der Kämpfe im
Gazastreifen angekündigt und einige seiner Verpflichtungen im Rahmen
der gemeinsamen Vereinbarung über humanitäre Hilfe und Zugang erfüllt

hat, bleibt die Lage weiterhin ernst», hieß es am Abend zur
Begründung.